Dorf-Grand-Slam -
Das große Hauen und Stechen?

 

Das legendäre Jahresfinale der Vereine und Klubs
in Hücker-Aschen

Man könnte als Außenstehender, der in seinem schnellen Auto unseren Ortsteil durchquert, den flüchtigen Eindruck gewinnen, dass es hier in Hücker-Aschen nur zwei Möglichkeiten des Existierens oder gar Lebens gibt: Die Existenz des einen Zeitgenossen würde möglicherweise lediglich darin bestehen wollen, hier nicht „tot über dem Zaun zu hängen“, und für einen anderen schiene nur das Einkaufen im Zentrum oder in den Nachbargemeinden für eine Art von Wiederbelebung zu sorgen, um nicht gänzlich dem Zustand zu verfallen, den man gemeinhin als „tote Hose“ bezeichnet.

Aber weit gefehlt!

In unserer Gemeinde blühen – manchmal ein wenig im Verborgenen – Aktivitäten auf, von denen eine Großstadt nur träumen kann. Natürlich hat man dort auch Fußball-, Tischtennis, Geflügelzucht-, Gesang-, Heimat-, Schachvereine und Sparklubs, hat selbstverständlich eine Feuerwehr und eine Menge weiterer Vereine, Klubs und sonstiger Zusammenschlüsse. Aber kennen sich dort die Mitglieder der verschiedenen Organisationen untereinander oder klauen sie sich gegenseitig nur die Eier oder die Fußbälle und werfen die Schachfiguren um? Macht man woanders auch mal etwas gemeinsam oder kommt man sich nur bei Ehrungen der besten Sportlerinnen oder Sportler einmal im Jahr bei einem Festball näher: Solche Fragen zu stellen heißt, sie meistens zu verneinen.

Anders hier in Hücker-Aschen. Wenn man schon nicht gemeinsam gegen „Lieblingsfeinde“ – bemerkt man das listige Augenzwinkern bei der Verwendung dieser Bezeichnung? – von außen antreten kann, dann muss man wenigstens mit- und gegeneinander die Kräfte messen, bis die Schwarte kracht und das Zwerchfell einen Muskelkater bekommt, weil es so viel zu lachen gibt.

Ein solches Ereignis entwickelte sich langsam im Verlauf des Jahres 1992.

War es nun die Feuerwehr, die mit ihrem Tretmobilrennen den Ausschlag gab, oder war es die siegreichen Mitstreiter der Tischtennismannschaft des TuS Hücker-Aschen, oder lag es einfach nur „in der Luft“, dass man übereinkam: Am Jahresende veranstalten wir einen „Dorf Grand Slam“, um den finalen Sieger zu ermitteln. Teilnehmen durfte jede Mannschaft, die im Laufe des zurückliegenden Jahres einen oder mehrere Wettbewerbe der örtlichen Vereine und Klubs gewonnen hatte.

Gelegenheiten dazu gab es einige: Wenn beispielsweise die Feuerwehr ihr Fest feierte, setzte sie das mittlerweile in Hücker-Aschen gut bekannte Tretmobil ein, mit dem die wettstreitenden Mannschaften nacheinander eine 900 m lange Strecke am Rabensiek so schnell wie möglich durchfahren und dabei zwischendurch auch noch einige knifflige Aufgaben lösen mussten, wie Pfeile werden, Nägel einschlagen, Latten durchsägen und beim Rückwärtsfahren in eine Gasse von Klötzchen darauf zu achten hatten, keine umzuwerfen.

Beim Mühlenhofturnier des Schachklubs wartete dann auf die anderen Vereine im Dorf eine weitere Chance, sich mit einem Sieg bei „Denksport für Hobbyspieler“ für den Grand-Slam zu qualifizieren. Wer es dort nicht schaffte, hatte eine echte Chance beim „Fußballgolfen“ der Tischtennisabteilung.

Der Männergesangverein ließ es sich nicht nehmen, den teilnehmenden Mannschaften der anderen Vereine aus dem Dorf den Vortrag eines Volksliedes zuzumuten. Was wurde da nicht alles versucht und ausprobiert! In einem Jahr engagierten die Feuerwehrleute eine stimmgewaltige „Queen of music“, Steffi König, als Gesangssolistin, die mit ihren kernigen Background-Boys und dem Lied „Lollipop“ die Juroren sowie die Zuschauer und –hörer auf ihre Seite bringen konnten.

Ein anderes Mal „verhunzten“ die Tischtennisspieler samt einiger Spielerfrauen das Lied „Wenn die bunten Fahnen wehen“ derart gekonnt, dass der erste Preis eigentlich an Rod Stewart hätte gehen müssen, dessen Melodie von „I’m sailing“ man „geklaut“ und dem Volkslied unterlegt hatte. Zeitungsschlagzeilen wie „Sicher am C-Rohr und beim hohen C“ (Neue Westfälische Zeitung vom 18.08.1995) oder „Tischtennisasse des TuS sind gut bei Stimme“ (Westfalenblatt Engerscher Anzeiger vom 30.08.1993) verweisen auf den „lustigen Sängerwettstreit“ (NW) und dokumentieren den „Spaß an der Freud“.

„Nicht schieben – ziehen,“ titelte die NW am 18.10.1993, und sie sprach hiermit einen Wettbewerb an, der bis 1998 die Schlagzeilen beherrschen sollte, wenn über das Vereinsfest des Rassegeflügelzucht-Vereins in den beiden Tageszeitungen berichtet wurde.

Für viele der „starken Frauen und kräftigen Männer am Tau“ (NW) blieb diese Veranstaltung als eine im Gedächtnis, bei der das Wundenlecken der Mannschaft, die von der gegnerischen samt Tau über eine Mittellinie gezogen worden war, sich als der schönste Teil des Kräftemessens entpuppte: Wo sonst, wenn nicht beim Bier, kann man so herrliche über das Wenn und Aber fachsimpeln? Und wenn sich dann eine Einladung zum Geflügelfest 1999 so liest, wie die folgende, dann ist es gewiss: Erwartungsfreude und Spaß stehen auch hier wieder Pate.

„Einladung zum Geflügelfest 1999 […] Für unser Gaudispiel “Hähne krähen” bitten wir, mit einer Mannschaft von 6 Teilnehmern anzutreten. Ein Hahn wäre, wenn vorhanden, mitzubringen. Dieser kann natürlich auch beim RGZV Hücker-Aschen “geleast“ werden […]“.

Der TuS Hücker-Aschen seinerseits ließ bei einem Sportfest Anfang Mai die schuss-stärkste und zielsicherste Mannschaft ermitteln. „Mit mehr oder minder Schmackes“ (NW 01.05.1999) donnerten die Athleten den Ball auf ein Tor und in den Aufnahmebereich einer dahinter stehenden Lasermessanlage. Beim Korbball, mit der Hand, war dann Zielsicherheit gefragt.

Nach dem ersten „Grand Slam“ jedenfalls, am Jahresende 1992 bei dem mit je zwei Siegen die Tischtennisspieler auf die Schachspieler trafen und bei dem man noch „richtig“ Tischtennis und Schach spielte, allerdings mit einem kalkulierten Handikap für die jeweiligen „Cracks“, änderte sich in den darauf folgenden Jahren der Spielemodus. Man wollte nicht ernsthaft gegeneinander spielen, sondern eher miteinander und verlegte sich daher mehr auf den Spaß und den Zufall, und es wurden Spiele gespielt, die nur noch durch ihre Utensilien erkennen ließen, welcher Verein sie sich ausgedacht hatte.

So wurde mit Tischtennisbällen auf Schachfiguren geworfen, wurde Tischfußball mit Handikap gespielt, musste bei einem Parcours über mehrere Stationen zwischendurch gewürfelt werden, um Fortuna wieder Gelegenheit zu geben, auch mitzuspielen, mussten Bälle durch einen Feuerwehrschlauch gezwungen werden, wurden Fahrradschläuche durch den Saal gewirbelt, um überdimensionale Schachfiguren zu treffen, hatten die Mannschaften Gipseier mit einem Stock so schnell wie möglich durch eine ausgelegten Parcours zu lenken, sollten Tischtennisbälle – statt Eier! -, gehalten auf einem Löffel im Mund bei einer Staffel über Hindernisse wieder auf einen Löffel übergeben werden.

Ferner mussten Schrauben aus einem Turm, in den sie trickreich eingedreht worden waren, herausgedreht werden, mussten aus einiger Entfernung Pingpongbälle in Gläser „versenkt“ und sollte ein C-Schlauch, der Feuerwehr so schnell wie möglich durch die Ärmel der Mitspieler gezogen werden. Und ob dann mit der Dartscheibe gespielt wurde, ob die Teilnehmer Eier „gefühlsmäßig“ und intuitiv und ohne Blick auf die Uhr passend lange zu kochen hatten, ob sie Minigolf mit Tischtennisbällen spielten oder Kerzen mit Wasser „auspusteten“, das Ungewohnte, das Kreative, das Überraschende und schließlich das Lustige bestimmten in jedem Jahr den großen Abend des „Dorf-Grand-Slam“.

Wer hat nun all die Jahre gewonnen?

Fragt wirklich ein Mensch ernsthaft danach?

Allerdings: für diesen Abschlusswettbewerb am Jahresende muss man sich qualifizieren! Am schönsten und am leichtesten ist es natürlich in einer der oben genannten Vereinsmannschaften. Aber es geht auch anders, denn im Jahr 2000 startete erstmals ein „Frauenpower-Team“ des SPD-Ortsvereins und schraubte damit die Zahl der Mannschaften auf acht, die übers Jahr an diesem freundschaftlichen Spaß teilnahmen.

Und warum sollte sich nicht einmal eine Crew finden, die eine gute Nachbarschaft bei uns im Dorf mit einer eigenen Mannschaft demonstrieren möchte?

Also:
Nicht so lange nach einem originellen Namen suchen:

Mitmachen!  Spaß haben!  Gemeinschaft erleben!

R.H.

Quelle: Festschrift “850 Jahre Hücker-Aschen”
Ein Dorf feiert Geburtstag vom 17. bis 26. August 2001

 

Die Sparren bezeugen die ehemalige Zugehörigkeit zur Grafschaft Ravensberg. Die Seitenansicht zweier gegeneinander gelehnter Sparren hat zur Bezeichnung dieses Wappenbildes in Wappenbeschreibungen geführt. Das Ravensberger Wappen enthielt drei rote Sparren auf silbernen Grund und war nach Übernahme der Grafschaft durch Preußen auch Teil des großen preußischen Wappens.
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