Hücker Moor fast ein Jahrhundert beliebtes Ausflugsziel

 

Zeitungsbericht vom „Engerschen Anzeiger“ vom 30.08.1975 von Erich Pohlmann

Brunnenbauer Hermann Beckmann setzte 1878 einen Kahn mit Schaufelrädern als erstes Boot auf das Moor

Um 1800 Torf gestochen – Unter schattigen Bäumen einst Tanz im Freien – Heute fünf Wirtschaften, 107 Boote und ein Campingplatz

Mit seiner Frau suchte Richard Braun (62) aus Düsseldorf das Hücker Moor. Er kam über die Autobahn von Bad Oeynhausen, wo er sich zur Zeit wegen einer Kur aufhält. Im dortigen Kurpark wird auf einer großen Tafel den Kurgästen als Sehenswürdigkeit und Ausflugsziel unter anderem auch das Hücker Moor empfohlen. Der Standort war allerdings auf keiner vorhandenen Karte zu entdecken und der Weg zum Hücker Moor war auch nicht ausgeschildert. Als das Ehepaar aus Düsseldorf sich aber schließlich doch durchgefragt hatte, äußerte es uns gegenüber sein Unverständnis über diesen schlechten Kundendienst. Dagegen fanden sie das Hücker Moor selbst ganz ausgezeichnet und gleiteten nach einer verdienten Stärkung bald im Paddelboot über den See.

Das Hücker Moor ist ein sehr beliebtes Ausflugsziel, das bereits eine hundertjährige Tradition auszuweisen hat. Um 1800 wurde hier auf dem moorigen Boden noch laufend Torf gestochen und verkauft. Um 1820/30 quoll aber plötzlich Wasser aus dem Moorboden, der sich im Laufe der Jahre von einem Tümpel schließlich in einen etwa 70 Morgen großen See ausbreitete. Dadurch kam die Torfstecherei hier natürlich zum Erliegen und es entstand unvorhergesehen eine völlig neue Lage.

Mit dem Floß
Wie uns August Metting (90) aus Hücker-Aschen erzählte, kamen manche Leute angesichts des nun einmal vorhandenen Wassers auf den Gedanken, statt des unmöglich gewordenen Torfstiches es hier mit dem Fischfang zu versuchen, was für die hiesigen Landratten ebenso neu wie eine geradezu amüsante Abwechslung (an Sonntagen!) war. Daß sich besonders die jüngeren Leute aus der Umgebung an dem neuen See vergnügten, kann man sich unschwer ausmalen – denn was gab es damals schon an Abwechslung für sie?! August Metting, im Jahre 1884 geboren, erinnert sich, daß schon in seiner Kindheit einige Flöße auf dem See waren, die früher die Torfstecher benötigt und später hinterlassen hätten. Diese Flöße wurden nun zum Fischfang verwendet. Nach seiner Erinnerung waren ebenfalls bereits 2 Boote vorhanden.

Eigene Boote
Johanne Stefanowski (87), die Tochter Hermann Beckmanns, erinnert sich, daß um 1893 ihr Vater ein großes Boot kaufte, daß von der Weserwerft in Vlotho mit Pferd und Wagen herantransportiert wurde. Neben dem vermutlich ersten Boot Beckmanns hatten sich allerdings auch einige gut situierte Leute und Handwerksmeister aus Spenge ein Boot – vermutlich durch Selbstbau – auf dem See zugelegt. Beteiligt waren daran u. a. der Handwerksmeister Röthemeier und der Werksleiter Käsmann von der Fa. Engelhard und Biermann. August Metting meint, die Spengeraner seien schließlich damals schon „was besseres“ gewesen und hätten sich das ja leisten können.

Um 1900 hatte aber auch Hermann Dammann (1834-1916) für Rundfahrten bereits zwei Boote angeschafft, die die stolze Beschriftung trugen: „Auf nach Helgoland“ und „Zeppelin 1“. So wurde in jenen Jahren das Hücker Moor allmählich immer bekannter und an den Sonntagen ein beliebtes Ausflugsziel.

Guter Kaffee
Hermann Lücking (83) hat eine Ansichtskarte vom 21.08.1916 aufbewahrt, die einige junge Mädchen damals an seine Schwiegermutter richteten: „In dankbarer Erinnerung an den lustigen Tag und den guten Kaffee, den Sie uns so freundlich bereitet haben – grüßen herzlich die lustigen Sechs aus Bielefeld!“ Die jungen Damen – heute etwa 77 Jahre alt – hatten sich hier fotografieren lassen und postwendend die Fotografie als Ansichtskarte zum Hücker Moor geschickt. Es darf vermerkt werden, dass sich die „wasserarmen“ Bielefelder von jeher ganz besonders zum Hücker Moor hingezogen fühlten, was auch den alten „Hücker Mooranern“ ausdrücklich bestätigt wird.

Mit Gesang
Erst in den Jahren 1924/25 – nach dem Ersten Weltkrieg und der Inflation – wird dann eine erfreuliche Weiterentwicklung am Hücker Moor registriert. Nun kommen die Leute allmählich auch an den Wochentagen. Der Verfasser erinnert sich, daß er bereits 1938 am Himmelfahrtstag mit einer Jugendgruppe bei Erich Walkenhorsts Gaststätte auf einer kleinen Tanzfläche unter schattigen Bäumen fröhlich das Tanzbein schwang: Tanz im Freien! Wir radelten bei herrlichem Sonnenschein zum Hücker Moor mit dem ständigen „Schlachtengesang“ (in Anlehnung an einen damaligen Schlager): „Hummel, Hummel mit Humor! Ob im Osten oder Westen – Hücker Moor ist’s doch am besten!“ Mit der Wirtin Berta Walkenhorst – die der Ansicht ist, daß „Tanz im Freien“ am Hücker Moor erst viel später eingeführt wurde – wurde deshalb um eine Flasche Steinhäger gewettet. Freunde! Meldet euch! Was stimmt?

Wanderweg
Nach dem letzten Krieg trat am Hücker Moor eine weitere bedeutsame Fortentwicklung ein. Heute sind fünf Gartenwirtschaften vorhanden und stehen 107 Boote zur Verfügung. 1956 wurde durch Erich Walkenhorst der Campingplatz eröffnet. Sehr zu wünschen wäre, daß die Moorpromenade baldmöglichst rund ums Hücker Moor verlängert würde. Dem Vernehmen nach bestehen dazu einvernehmlich mit dem örtlichen Heimatverein gute Aussichten.

 

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