Westfalen-Blatt, 31.01.2006: (Spenge/Hücker-Aschen)
Unbekannte schänden Franziska-Spiegel-Stein
Bronzetafel gestohlen und Hakenkreuz hinterlassen
Von ANTJE KREFT und JULIA LÜTTMANN von www.hiergeblieben.de
Hücker-Aschen (SN)
Dort, wo bisher eine Bronzetafel an sie erinnerte, prangt jetzt ein großes Hakenkreuz in grüner Farbe. Unbekannte haben den Franziska-Spiegel-Gedenkstein im Hückerholz geschändet. Die Platte aus Bronze, auf der das Schicksal der ermordeten Jüdin nachzulesen war, haben die Täter mitgenommen.
"Ein offensichtlich rechtsextremistisches Motiv ist nicht auszuschließen", teilte Detlef Albers von der Kreispolizeibehörde Herford mit. Nach Polizeiangaben hatte ein Spaziergänger die geschändete Gedenkstätte gestern Morgen im Franziska-Spiegel-Weg entdeckt. Er informierte gegen 10.30 Uhr die Polizei. Die bronzene Platte ist abgeschraubt und entwendet worden. An derselben Stelle haben der oder die unbekannten Täter ein Hakenkreuz in grüner Farbe - vermutlich aufgesprüht - hinterlassen. Auf der Suche nach der Erinnerungstafel suchten die Polizeibeamten das Gelände vor Ort weiträumig ab, konnten es aber nirgends entdecken.
"Selbstverständlich wird die Gedenkstätte so schnell wie möglich wieder in einen würdigen Zustand versetzt", kündigte Dieter Meyer (Kulturamt) gestern auf Anfrage an. Er zeigte sich von der Tat tief betroffen: "Es ist traurig, dass es 60 Jahre nach Ende der nationalsozialistischen Diktatur noch Menschen gibt, die meinen, sie müssten das Andenken an die Opfer des Nationalsozialismus auf diese Weisen schänden. Die Tat ist abscheulich."
An einen ähnlichen Vorfall im Kreis Herford kann sich Harry Rothe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Herford, nicht erinnern. "So etwas ist bestimmt schon seit zehn Jahren nicht im Kreis Herford passiert. Solche Taten sind immer schlimm. Man kann allerdings nicht entscheiden, ob es sich dabei um einen Jungenstreich oder tatsächlich um Rechtextremisten gehandelt hat", teilte Harry Rothe im Gespräch mit den Spenger Nachrichten mit.
Der Gedenkstein im Hückerholz war am 4. November 1991, 47 Jahre nach der Ermordung Franziska Spiegels durch zwei SS-Männer, aufgestellt worden. Einige Monate zuvor war die Straße in Franziska-Spiegel-Weg umbenannt worden.
Die Jüdin Franziska Spiegel war 1943, als die Deportation der Bünder Juden bereits abgeschlossen war, mit ihrem "arischen" Ehemann und einem gemeinsamen Kind in die Gemeinde Werfen gezogen. Am 4. November 1944 erschienen zwei SS-Männer in der Wohnung der Spiegels und zwangen die Jüdin, in das nahe gelegene Hückerholz mitzukommen. Auf der Grenze zwischen den Gemeinden Werfen und Hücker-Aschen töteten sie die wehrlose Franziska Spiegel durch einen Schuss in den Hals.
Der Staatsschutz der Polizei Bielefeld befasst sich jetzt mit der Tat. Zeugenhinweise nimmt die Polizei in Herford unter der Rufnummer 05221 - 8880 entgegen.
enger@westfalen-blatt.de
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