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Das Wappen der Stadt Spenge zeigt in Silber (Weiß) drei rote Sparren, darauf liegt eine goldene (gelbe) Spange, deren Nadel nach unten zeigt. Die Sparren bezeugen die ehemalige Zugehörigkeit zur Grafschaft Ravensberg. Das Ravensberger Wappen enthielt drei rote Sparren auf silbernen Grund und war nach Übernahme der Grafschaft durch Preußen auch Teil des großen preußischen Wappens. Die Spange kann als Reverenz an den Stadtnamen Spenge interpretiert werden. Gemäß dem Lexikon der Fluss- und Ortsnamen alteuropäischer Herkunft wird Spenge aus Spong = Moor, Moder, abgeleitet. Damit gemeint ist das früher von feuchten Sieken beherrschte Stadtgebiet.

Hücker-Aschen

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Wallholländer-Windmühle auf dem Gehlenbrink in Hücker-Aschen Hücker Moor
Kirche in Klein-Aschen Hücker Moor Christina.

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800-Jahr-Feier Hücker-Aschen 1951

Interessantes und lesenswertes aus vergangener Zeit...

 

Titelbild-800-Jahr-Feier-a

 

Geleitwort

Die Gemeinde Hücker-Aschen begeht in diesem Jahre mit einer festlichen Veranstaltung die Wiederkehr des Tages, an dem sie vor 800 Jahren zum ersten Male in der schriftlichen Überlieferung genannt wird. In einer Urkunde des Bischofs Bernhard von Paderborn für das Stift auf dem Berge bei Herford vom Jahre 1151 erscheint der Ort „Hucheri“. Das Original der Urkunde besteht zwar nicht mehr; eine notariell beglaubigte Abschrift aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, die sich heute im Staatsarchiv Münster befindet, läßt die Überlieferung als völlig gesichert gelten. Etwa um dieselbe Zeit wird auch der Ortsname von Aschen in den ältesten Heberegistern der Abtei Herford genannt.

Unsere Gemeinde kann also auf eine Vergangenheit von mehr als 800 Jahren zurückblicken; denn 1151 bestand sie schon, wie die Urkunden aussagen, und die überlieferten ersten Namensformen weisen in ältere Zeit zurück.

Die 800jährige Jubiläumsfeier unserer Gemeinde soll uns veranlassen, Rückschau zu halten in die Vergangenheit, eine Vergangenheit, deren Geschehen zu allen Zeiten von zähem Wollen und starkem Beharren erzählt. Aus ihr können wir Hoffnung, Mut und Kraft schöpfen für die Gegenwart und für die Zukunft.

Diese kleine Festschrift soll dazu beitragen. Allen, die an ihrem Entstehen beteiligt gewesen sind, sagen wir an dieser Stelle Dank.

Möge die Schrift alle Einwohner unserer Gemeinde und deren Freunde und Bekannte zu Besinnung und Betrachtung anregen. Dann wird sie ein schönes und bleibendes Andenken an die festlichen Tage dieses Jahres bleiben.

 

Hücker-Aschen, im Juli 1951.
 

 

Für die Gemeinde Hücker-Aschen
 

Für den Festausschuß
 

KEMNER
 

FRENTRUP
 

Bürgermeister

Amtsdirektor

 

 

HÜCKER-ASCHEN IM MITTELALTER

UND DIE LANDESHOHEIT IM GRENZGEBIET DER UNTEREN WARMENAU

Von GUSTAV ENGEL

 

EINLEITUNG

Das Land um Enger steckt voll von geschichtlichen Problemen. Es folgt nicht nur die Person des Sachsenherzogs, die uns Rätsel aufgibt.

Länger als ein halbes Jahrtausend nach seinem Tode sind noch ganze Zeitabschnitte der Geschichte des Widukindlandes mehr oder minder in Dunkel gehüllt. Wir müssen gestehen, daß wir in mancherlei nicht weit über das hinausgekommen sind, was Sage und Volksüberlieferung uns berichten. Um so mehr dürfen wir uns freuen, daß sich in weiten Kreisen ein geschichtlicher Sinn, ja ein geschichtliches Wollen regt; denn das ist es doch zuerst, was uns veranlaßt, der vielhundertjährigen Vergangenheit unseres Heimatortes durch ein Fest zu gedenken.

„Der liebe Gott gibt die Nüsse, aber er knackt sie nicht“. Mit diesem Seufzer Goethes muß der Geschichtsschreiber von Hücker und Aschen die Feder in die Hand nehmen. Zwei in sich geschlossene, 1000 m voneinander entfernte, echte Bauerndörfer, jedes mit einem Hofbestand von 7 alten Höfen, deren jeder einzelne gewiß auch 800 Jahre und mehr hat, sind zu einer politischen Gemeinde vereinigt worden.

Wann und warum ist das geschehen? War es überhaupt nötig? Hätte nicht jedes dieser Dörfer ebenso gut eine eigene Gemeinde bilden können wie die Nachbargemeinden Siele, Dreyen, Besenkamp, Werfen, ja selbst Hüffen, das nicht einmal einen geschlossenen dörflichen Kern aufzuweisen hat? Damit nicht genug!

Dem Dorf Klein-Aschen liegt, nur 500 m entfernt und durch ein Bächlein getrennt, ein großer Bruder, Groß-Aschen, gegenüber, der aber gar nicht viel größer ist und es auch nie gewesen ist. Er nannte sich ehedem bescheidener Westeraschen¹), und Klein-Aschen hieß Osteraschen²). Kein Zweifel, daß die Gemeinsamkeit des Namens einmal eine höhere Gemeinsamkeit bedeutet hat, wenn man erfährt, daß beide, Groß- und Klein-Aschen, heute noch und eh und je mit Spenge zusammen eine kirchliche Gemeinschaft bilden und gebildet haben.

Aber, und das ist wiederum seltsam, diese kirchliche Gemeinschaft hat nie zur Bildung eines selbständigen Kirchspiels geführt, sondern ist heute noch, wie lange vor der Reformation, nur ein Pfarrbezirk des Kirchspiels Spenge. Vollends scheint sich das Bild zu verwirren, wenn man feststellt, daß mitten durch dieses Kirchspiel Spenge eine Landesgrenze geht. Sie weist einen Teil des Kirchspiels, nämlich die Gemeinde Groß-Aschen, zum Land Niedersachsen, den größten Teil mit Spenge selbst, Nord-Spenge, Hellingen, Klein-Aschen, Lenzinghausen und Hücker zu Nordrhein-Westfalen.

„Lebendig nach Melle, tot nach Spenge“ bedeutet man in Groß-Aschen den Fremden, die sich ob solcher Merkwürdigkeiten verwundern. Wir glauben, solches Wort für den Einfall eines Witzboldes halten zu sollen. In Wirklichkeit spiegelt es einen geschichtlichen Ablauf wider, dessen Einzelheiten uns zum Teil noch verschlossen sind, dessen Bedeutung aber über die Grenzen des engsten Heimatbezirkes weit hinausgreift in die Geschichte der Länder Enger und Lippe, Minden, Osnabrück und Ravensberg, die sich hier berühren oder einmal berührt haben. Die Zerschneidung eines schon an seiner Größe sich als sehr alt kennzeichnenden Kirchspiels, das, wie uns die Geschichte lehrt, einstmals auch eine politische Verwaltungseinheit gewesen sein muß, und die unnatürliche, rationale Grenzziehung der Warmenau spricht gerade da, wo unsere dürftigen schriftlichen Quellen schweigen, von alten Machtkämpfen, von Gewalt, Krieg und Not, von Raub und Brand, List und Betrug. So ist es gewiß berechtigt, wenn eine Geschichtsbetrachtung aus Anlaß der 800-Jahrfeier der Gemeinde Hücker-Aschen, eines begehrten und umstrittenen Gebietes, das Schwergewicht ihrer Darstellung darauf legt, den verschlungenen Pfaden dieses Geschehens nachzugehen und zudem zu versuchen, solche lokalen Gegebenheiten den größeren Aspekten der Landesgeschichte dienstbar zu machen.

    1) 1374, BUB 361. - Abgekürzt zitierte Quellen und Schriften sind am Schluß aufgeführt.

    2) 1442, 1460; OGQ V 170, 190.
        Der Name Klein-Aschen begegnet 1583; St. A. Osnabrück Rep.  100, Abschn. 8, Nr. 1.I

 

 

VOR- UND FRÜHGESCHICHTE

Der fruchtbare Höhenrücken, an den sich im Nordwesten das Dorf Klein-Aschen, im Nordosten Hücker anlehnt, hat schon in vorgeschichtlicher Zeit, wie der aufgefundene Urnenfriedhof bei Hücker beweist, Besiedlung getragen³)

Alte Wege wie der „Deitweg" (Volksweg) von Bünde über Hücker Kreuz nach Wallenbrück und Schiplage und der heutige Straßenzug Herford-Enger-Melle-Osnabrück mit einem Abzweig Wallenbrück-Neuenkirchen-Iburg mögen schon frühzeitig dem Verkehr gedient haben4).

Daß sie allerdings in den Sachsenkriegen Karls des Großen heiß umstritten gewesen seien, wie man gelegentlich lesen kann, davon ist nichts Genaueres bekannt. Wir wissen auch nicht mit Bestimmtheit zu sagen, ob wir unser Gebiet noch dem (später osnabrückschen) Graingau zuzuschreiben haben.

Die sächsischen Gaue sind auffallend klein gewesen und vielleicht hat Philippi5) recht, wenn er vermutet, daß sich zwischen Graingau und den angrenzenden Gauen Litbekegau, Derve, Wethigau und Suderberge noch ein unbekannter Gau eingeschoben habe. Als Inhaber einer karolingischen Amtsgrafschaft im Graingau dürfen wir vielleicht Widukinds Enkel Waltbert annehmen6). Von dem Sachsenherzog selbst weiß die Sage zu melden, daß er in Hücker eine Warte habe bauen lassen7).Daraus, so erzählt man sich weiter, sei später die Wiegelsburg geworden, auf der die Herren von Hücker gesessen haben. Ist auch ein Adelsgeschlecht dieses Namens nicht nachzuweisen8), so ist dennoch das Vorhandensein einer ehemaligen Burganlage in Hücker nicht von der Hand zu weisen; denn eine Flur an der Südostseite des Dorfes heißt heute noch „die Kemnat9). Wer hier einmal gehaust haben kann, wissen wir nicht10).

 

    3) Griese, Meierhöfe, S. 117.

    4) Jellinghaus in: OM 30 (1905), S. 154.

    5) OUB I, S. 360.

    6) Prinz, S. 88.

    7) Griese, Spenge S. 42.

    8) Der in einer Herforder Heberolle des 13. Jahrhunderts (Darpe IV, S. 72 Anm.) genannte Johann  de Huckere ist mit seinen Abgaben von 30 Scheffeln Hafer schwerlich als adeliger Lehnsmann  anzusprechen, und die ferner in dem Herforder Heberegister genannten Engelbert de Huckere und  andere werden ausdrücklich als Herforder Bürger bezeichnet.

    9) „Kemenate“ (lat. caminata) ist im Mittelalter nicht nur die Bezeichnung für das mit einem Kamin  ausgestattete Frauenhaus einer Burg, sondern für ein festes Haus überhaupt. Der alte Teil der Burg  Fürstenau z. B. wird im 14. Jahrhundert so genannt (OM 20, S. 157), ein befestigter Sitz an der  Ruhr gegenüber Blankenstein u. a. In der Nähe von Rimburg (Kr. Aachen) ist 1939 auf einer Flur  dieses Namens eine aufgrund von urkundlichen Nachrichten gesuchte Burg gleichen Namens durch  Bodenfunde festgestellt worden (v. Negri in: Zeitschrift des Aachener Gesch. V. 63 (1950), S. 110  f.). In dem Teilungsrezeß der Hücker-Ascher Mark vom Jahre 1785 (Archiv der Amtsverwaltung  Spenge) ist wiederholt die Rede von einem anscheinend dem Meyer zu Hücker gehörigen Kotten,  genannt „Meyers Wiggels Kotten“. Der Name „Wiggels" kann natürlich mit der vorläufig noch  sagenhaften Wiegelsburg etwas zu tun haben. Sollte uns das alles nicht ermuntern, auch auf der  Kemnade in Hücker eine Grabung anzusetzen?"

    10) Möglicherweise handelt es sich auch um einen Bau, den die Ledeburs  gegen Ende der 20er Jahre  des 15. Jahrhunderts „im Kirchspiel Spenge“ begannen. S. u. S. 35.

 

 

ÄLTESTE NENNUNGEN

Die Ortschaft Hücker selbst wird vor nunmehr 800 Jahren in einer Urkunde des Bischofs Bernhard von Paderborn vom 10. März 115111) zum ersten Male in der schriftlichen Überlieferung genannt.

Der Bischof bestätigt darin dem Stift auf dem Berge zu Herford die Schenkungen und Erwerbungen, die Godesti, die damals schon vor mehr als 100 Jahren verstorbene Äbtissin der Abtei, dem Stift gemacht hatte bei Gelegenheit des Wiederaufbaues der von den Ungarn zerstörten Stiftsgebäude.

„Notum facimus“ sagt der Bischof, „... quod abbatissa Herfordensis Godesti dicta... cenobium sanctimonalium in... monte... auxit... prediis sive donatis sive comparatis... Ea... in hiis locis sita sunt: Eggeringhusen, Bertelingusen,... Luppinchusen,... Eilleshusen,...Hucheri, Silethe,..." 12).

Godesti, die von 1002-1042 die Abtei regierte, aus dem Geschlecht der Billunger, war eine Tochter Herzog Bernhards von Sachsen. Ihre Schenkungen und Erwerbungen umfassen Güter in nicht weniger als 64 Ortschaften. Hücker ist an zehnter Stelle genannt. Bei den Gütern unseres Dorfes dürfte es sich um den alten Sattelmeierhof Meyer zu Hücker, später Meyer-Jacob genannt, um Oldemeier und Nieberg (jetzt Beckhoff) handeln; denn diese drei Höfe werden noch im Jahre 1550 13) als dem Stift auf dem Berge hörig ausgewiesen. Sie können also, wenn die „Vermutung“ zutrifft, bald auf eine 1000jährige Vergangenheit zurückblicken. Die Heberolle des Stiftes auf dem Berge aus dem 14. Jahrhundert (Darpe IV, 328, 332) nennt sie nicht mit Namen, sondern führt die von ihnen zu leistenden Abgaben insgesamt auf:

„16 schepel gesten moltes Hervorderscher mate in der vasten, 2 speckswín, 2 eınmer boteren Hervorderscher mate, 1 molt roggen Hervorderscher mate vor dat grote brot in der vasten, 30 grove brot, gheheyten mandatenbrot, 9 stighe eyger, 1 weder14) 1 schepel bonen Hervorderscher mate; in der unthovyncge15) sunte Johannis Baptisten 10 brot unde 5 kese; in denselven dorpe eyn hov landes 3 schepel roggen un 20 schepel haveren spikermate unde 6 schepel roggen Hervorderscher mate up dat kornhus, 1 weder, 1 swyn, 12 pennyncge winvore, 5 tymmerpennyncge, 3 holtpennyncge, 1 kopenpennynck.” 16)

„Etwa um dieselbe Zeit, wenigstens in demselben Jahrhundert, wird Aschen zum ersten Mal genannt. Die älteste Heberolle der Abtei Herford aus dem 12. Jahrhundert nennt es als Ascon bzw. in ihrem Gutsverwaltungsbezirk (villicatio) Hundesbroc (Hunnebrock). Anscheinend sind hier beide Aschen gemeint; denn die besaß nach späteren Registern17) in Klein-Aschen den Hof Overfeld (jetzt Wehrmann) und in Groß-Aschen den Meierhof, der später an das von Herford ausgestattete Kloster Quernheim fiel.

Während Hücker in der Folgezeit nur noch einmal (1285) genannt wird18), erscheint Aschen in dem Familiennamen derer von Aschen bereits wieder 1153 und in der Folgezeit häufig (siehe unten) 19).

 

    11) St. A. Münster. Druck: Wilmans, Additamenta zum Westf. Urkundenbuch (1877), 117, II Vgl. auch  die Ausführungen Wilmans dazu, ebd. S. 100 ff.

    12) „Wir machen bekannt, daß die Herforder Äbtissin namens Godesti das Nonnenkloster auf dem  Berge durch Schenkung und Ankauf von Gütern gefördert hat.  Diese liegen an folgenden Orten: …“

    13) Urbar.

    14) Widder.

    15) Enthauptung.

    16) Die letzteren vier Abgaben sind anscheinend Beiträge zu besonderen Kassen oder Fonds für Weinfuhren, Neubauten und Ankäufen irgendwelcher Art.

    17) Urbar und Griese, Spenge, S. 55, 56.

    18) In der Urkunde des münsterschen Domherrn Ludwig von Holte, der sein Allod zu Hücker gegen ein  Haus der Johanniter zu Herford eintauscht. (WUB IV. 1842). Es handelt sich wohl um den Hof  Waltmann, der nach dem Urbar von 1550 der Kommenturei in Herford hörig war.

    19) Das in den Freckenhorster Heberegistern um 1050 genannte Aschen (OUB I, 146) wird von dem  Herausgeber Friedländer (Cod. trad. Westf. I, 49 ff.) mit Aschen bei Dissen gleichgesetzt. Der  Grund ist nicht angegeben.

 

 

GRUNDHERRSCHAFTEN

Während sich also schon frühzeitig das kirchliche Leben und Wesen ja bis in die Neuzeit hinein, daß wir die Anfänge eines festen Verwaltungsrahmens und einer politisch-gemeindlichen Bildung wahrnehmen können. Das Mittelalter kennzeichnet sich bekanntlich dadurch. daß sich alle Verwaltungsbezirke, Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts in einer Weise überschneiden. die heute kaum noch vorstellbar ist. Grundherrschaft mit Einschluß der Kirchenvogtei, Gerichts-, Marken- und Wehrhoheit, Steuererhebung und das Recht des Gebotes und Verbotes bilden im Mittelalter jedes für sich nur in sachlicher, sondern auch in räumlicher Hinsicht ihren besonderen Sprengel.

Die grundherrlichen Verhältnisse unserer Gemeinde bis in die letzten Einzelheiten zu erschließen ist schwierig, da diejenige Quelle, die uns in der Regel reiches Material liefert, das bekannte ravensbergische Urbar vom Jahre 1550, hier unergiebig ist. Immerhin läßt sich ein Bild gewinnen und lassen sich vielleicht Fingerzeige geben für weitere künftige Untersuchungen.

Das alte Freibauerntum, soweit es die sächsische Eroberung noch bestehen lassen oder neu errichtet hat, muß, wie in weiten Gebieten Westfalens, auch hier frühzeitig erloschen bzw. zur Hörigkeit herabgedrückt sein, denn sowohl die in die karolingische Zeit hinab reichenden geistlichen Grundherrschaften der Abtei Herford und ihrer Tochtergründung, des Stiftes auf dem Berge bei Herford, als auch das von der Ur-Ur-Urenkelin Widukinds gegründete Stift Enger in Hücker und Aschen mit Besitz vertreten. Während letzterer vermutlich aus dem großen Familienbesitz des Widukindschen Geschlechts stammt, geht das Herforder Gut teilweise auf Königsgut, d. h. beschlagnahmtes Sachsengut, zurück, teils stammt es, soweit es Godesti geschenkt hat, wohl aus dem Familiengut der Billunger. Allein von den 14 alten Höfen in Hücker und Aschen gehörten laut Ausweis des Urbars von 1550 seit ältester Zeit den geistlichen Grundherren in Herford und Enger.

Gleich groß ist der grundherrschaftliche Besitz der Vettern Ledebur auf Werburg, Mühlenburg und Langenbrück. Er ist aber, das ist für die weitere Betrachtung wichtig, ausnahmslos ministerialer Lehnsbesitz. Die Ledeburs treten kurz vor 1200 als Ministeriale auf31); sie besitzen ihre Güter also aus zweiter Hand. Als Vorbesitzer lassen sich mit einiger Sicherheit die Grafen von Ravensberg bestimmen. Das Verzeichnis der ravensbergischen Lehnsträger aus der Zeit um 128032) führt einen Thethardus Ledebur auf als Lehnsträger von zwei Höfen. Die Masse der Lehnsgüter im Kirchspiel Spenge dürfte den Ledeburs erst später zugefallen sein. Im Jahre 1357 Erwarb Herzog Gerhard, der ravensbergische Erbe, von den Tecklenburger Grafen „das sogenannte Amt zu Spenge"33). Bei der Ewerbung war u. a. ein Ledebur als Vermittler tätig34). Als dritter Vorbesitzer des Ledeburschen Lehnsbesitzes sind endlich die Edelherren zur Lippe anzunehmen. Die Höfe Riepe und Brüning in Hücker und Helmich zu Aschen35) gingen von den Lippern zu Lehen36).

Von den beiden noch übrigen Höfen gehörte einer zum Hause Bustedt. Er war ebenfalls ravensbergischer Lehnsbesitz. Über den zweiten besaß die Johanniterkommende zu Herford die grundherrschaftlichen Rechte. Sie hatte sie aber durch Tausch von den Edelherren von Holte erworben, die im Osnabrückischen ansässig waren37). Für die grundherrschaftlichen Verhältnisse unserer Gemeinde sind sie nicht ohne Bedeutung gewesen; denn sie besaßen wichtige und einträgliche Vogteirechte über Kirchengut. So waren sie Vögte des reichen Stiftes St. Johann zu Osnabrück. Ursprünglich besaßen sie auch den gesamten Zehnten zu Hücker38).

Bedeutsamer waren die Vogteirechte der Edelherren von Blankena; erstreckten sie sich doch über den Besitz der Abtei Herford in Bünde, Hunnebrock, Rödinghausen und Hiddenhausen. Zur Villikation Hunnebrock gehörte auch ein Hof in Aschen (Hempelmann39). Die Hunnebrocker Vogtei ist später in den Besitz der Grafen von Ravensberg übergegangen40). Von dem anscheinend nicht sehr großen Grundbesitz der Edelherrn von Blankena scheint nur ein geringer Teil an die Grafen von Ravensberg gefallen zu sein41). Ostwärts der Warmenau hat das Stift Osnabrück keinen erheblichen Grundbesitz gehabt42). Das Osnabrückische Lehnsgut in Aschen43) ist wohl ausnahmslos in Groß-Aschen zu suchen44).

 

    31) OUB I, 385.

    32) WUB VI, 1206.

    33) Die Nachricht ist nur von Culemann (Merckwürdigkeiten I. S. 26) überliefert, kann aber bei der  bekannten Sorgfalt Culemanns als  authentisch angesehen werden.

    34) Unter dem “Amt“ Spenge ist hier nicht, wie man es für diesen Fall lesen kann, ein  Verwaltungsbezirk zu verstehen. sondern ein grundherrschaftliches Amt (officium, villicatio).

    35) Welcher Hof damit gemeint ist, ist noch nicht festgestellt.

    36) Lipp. Reg. IV, 3001; vgl. auch ebdt. II, 1321.

    37) WUB IV; 1842.

    38) 1267 traten sie die ihnen noch verbliebene Hälfte dieses Zehnten an das Johannisstift ab. OUB III,  358.

    39) Derpe IV, S. 113.

    40) Siehe unten S. 29. - Die Vogtei über Kirchengut gab dem Inhaber u. a. wichtige  grundherrschaftliche Rechte wie das Recht der Besetzung eines Hofes, einen Teil der sogenannten  ungewissen Gefälle und besondere Vogtabgaben und Leistungen in die Hand; sie kommt daher fast  einer Grundherrschaft gleich.

    41) Siehe unten S.19 u.20

    42) u. a. OGQ V, S. 4.

    43) OGQ V, 16, 32, 48.

    44) Dagegen besaßen die Ravensberger Grafen auf osnabrückischem Gebiet, abgesehen von den  bedeutsamen Vogteien über die Iburger und Wetterfreien, ihrerseits unmittelbar westlich der  Warmenau grundherrschaftliche Rechte. Sie stammten teils aus dem aufgelösten Altbesitz der  Edelherrn von Oesede, teils aus dem der Edelherrn von Holte. (OUB II, 70; WUB IV, 1489; Lamey  Cod. 83, 84). Für die spätere Entwicklung ist das nicht ohne Bedeutung gewesen.

 

 

DYNASTIEN UND LANDESHOHEITEN DER FRÜHZEIT

Die Hoheitsverhältnisse in unserer Gemeinde im frühen Mittelalter, bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts, zu durchdringen, ist womöglich noch schwieriger. als das grundherrschaftliche Bild aufzuzeigen. Eine verwirrende Fülle entzieht sich weitgehend dem Versuch einer ordnenden Nachgestaltung. Neben dem natürlich immer wachen Interesse des Osnabrücker Bischofs und seines Kirchenvogtes, im Gesamtgebiet des Kirchensprengels auch zur weltlichen Hoheit zu gelangen, sind hier in der frühen Zeit nicht weniger als 4 Familien des hohen, dynastischen Adels mit Besitz und Rechten vertreten. Die von Spenge, die von Holte mit ihren Ministerialen, denen von Aschen, die Edelherren von Blankena und wahrscheinlich Tecklenburger Grafen, die seit etwa 1170 Stiftsvögte waren, mit ihrem, wie wir sahen, Spenger Besitz. Kamen die geistlichen Korporationen von Herford und Enger als Mitbewerber um Landeshoheit nicht in Betracht, so blieben immer noch 5 Konkurrenten sich gegenüber Wir müssen uns wenigstens kurz mit ihnen beschäftigen, um eine Vorstellung zu gewinnen von den Kräften, die damals die Geschichte unserer engsten Heimat gemacht haben.

Die Edelherren von Spenge scheinen sich frühzeitig in zwei Linien geteilt zu haben. Die Brüder Friedrich und Florian von Spenge erscheinen 1189 als Zeugen zusammen mit den Edelherrn von Blankena45). In einer anderen Urkunde desselben Jahres wird Florian auch als nobilis bezeichnet46). 1221 wird berichtet47), daß sie ein Gut – es wird als proprietas bezeichnet, obwohl es in Lehnsabhängigkeit von der  Abtei Herford steht - den Grafen von Ravensberg überlassen haben.

Die Äbtissin ist bereit, es den Grafen als Lehen zu geben, wenn diese ihr das ehemalige Spenger Allod zu Lehen auftragen48). Friedrich und Florian von Spenge sdieinen demnach ohne Erben verstorben zu sein. Ein Übertritt in ravensbergische Ministerialität, wie Prinz (S. 207) vermutet, scheint nicht stattgefunden zu haben. Dagegen tritt ein vermutlich anderer Zweig der Familie mit Wilbrand de Spenge 1182 als tecklenburgischer Ministerialer auf49). Im weiteren 13. Jahrhundert erscheinen beide Linien nicht mehr. Möglicherweise ist das Tecklenburger Gut, das, wie wir sahen, 100 Jahre später die Ravensberger erwerben, durch Lehnsauftrag und gleichzeitigen Übertritt in die Ministerialität in den Besitz der Tecklenburger gekommen.

Jedenfalls haben die Ravensberger Grafen das Gesamterbe der Edelherren von Spenge wohl schließlich angetreten. Wenn sie also später das Patronat der Kirche zu Spenge besitzen, so würde das hierin seine Erklärung finden. Einer volkstümlichen Überlieferung zufolge soll die Burg der Edelherren von Spenge auf der heute „Im Ort“ genannten Flur in Spenge gelegen haben50).

Die Edelherren von Holte hatten ihren Burgsitz in dem heutigen Dorfe gleichen Namens im südöstlichen Landkreis Osnabrück51). Sie besaßen den Hof Waltmann in Hücker, den sie später in einem Tauschgeschäft den Herforder Johannitern übertrugen52), und die Vogtei über das reiche Stift St. Johann zu Osnabrück53), das in Hücker und in der Nachbarschaft begütert war. Sie sollen auch Lehnsträger der Grafen von Tecklenburg gewesen sein54). Die dem niederen Dienstadel angehörende Familie von Aschen gehörte zu ihrer Ministerialität.

Gegen ihre mächtigeren Nachbarn und Mitbewerber um landeshoheitliche Gewalten, die Grafen von Ravensberg, den Bischof von Osnabrück und die Grafen von Tecklenburg, haben sie sich nicht behaupten können. Ihre Burg scheint vor 1335 durch Gewalt zerstört worden zu sein. Schon 1315 hatte eine Erbtochter des Geschlechts, mit dem Edelherrn Hermann von Loen verheiratet, den ihr zugefallenen Teil der Herrschaft Holte den Grafen von Ravensberg verkauft55). Eine andere Linie wanderte ab zu den Schaumburger Grafen und wurde dort ministerial.

Die Edelherren von Blankena treten seit 1152 in der schriftlichen Überlieferung auf56). Ihr Besitz war weit, vielleicht zu weit, verstreut, ihre Burg hat wohl an der Else gelegen und dürfte in der jetzigen Bauerschaft Blanken, westlich von Bünde, zu suchen sein, und zwar auf dem Hof Nr. 1, der bis heute „Auf der Borg“ heißt57). Auch dieses Geschlecht scheint sich frühzeitig geteilt zu haben. Im Lehnsregister Graf Ottos III. von Ravensberg58) erscheint nämlich an zweiter Stelle, hinter den Edelherren von Diepholz, Willikinus de Blankena. Er trägt, sicher wie die Diepholzer Edelherren als freier Vasall, nicht als Ministerialer - Besitzungen von den Ravensberger Grafen zu Lehen, aber von den Hauptstücken, der Burg Blankena, der Mühle und dem Hof zu Aschen, jeweils nur die Hälfte. Die andere Hälfte dürfte der anderen Linie seines Hauses verblieben sein, die sich nicht in die Lehnsabhängigkeit von den Grafen begeben hatte; vielmehr 1285 alle ihre Güter dem Edelherrn Rudolf von Diepholz übertrug59). Die Grafen von Ravensberg sind bei der Übergabe nicht beteiligt, haben also keine lehnsherrlichen Oberrechte an diesen Gütern gehabt. Die Urkunde ist in Nienburg - vermutlich Nienburg an der Weser - ausgestellt. Erster Zeuge ist der Graf von Hoya. Ob hiermit das im übrigen seiner Benennung nach problematische „Spenger Gut“ der Grafen von Hoya60) zusammenhängt, muß dahingestellt bleiben61). Nach Reismann-Grone62) sollen auch die Edlen von Blankena Vasallen der Tecklenburger Grafen gewesen sein.

Der weitaus kostbarste Besitz der Edelherren von Blankena aber waren ihre Vogteien über Kirchengut. Diese reichten nach Hücker, vielleicht auch nach Aschen hinüber. Die von Blankena haben indessen aus diesen, einer Grundherrschaft sehr nahekommenden Rechten Besseres zu machen verstanden, als daß sie sie eins nach dem andern verkauft haben. Man gewinnt geradezu den Eindruck, als hätten sie vom Verkauf ihrer Vogteien gelebt. 1223 verkaufen sie dem Kloster Iburg ihre Vogtei über das umfangreiche Iburger Klostergut in Rheda, an der Ems, bei Versmold, Schötmar und Melle für 35 Mark63). In demselben Jahre erzielen sie 101 Mark aus dem Verkauf ihrer Vogtei über 10 Haupthöfe, darunter einen in Hoyel, an das Domkapitel zu Osnabrück64). 1229 wird ihre Vogtei über die stiftbergischen Höfe Eggeringhusen und Ebbinghusen vom Stift Berg für 20 Mark zurückerworben65).

Um 1233 verkaufen sie gar ihre Vogtei über das Kirchengut zu Bünde, über die Villikation Hunnebrock, über das Kirchengut zu Rödinghausen und die dortige Villikation und über das Kirchengut und die Villikation zu Hiddenhausen, alles Besitz der Herforder Abtei, für die große Summe von 1000 Mark66) an die Herforder Ministerialen Heinrich und Johann Gogreve, Johann von Oldenherford u. a. 67). 1253 zahlt ihnen der Bischof von Osnabrück noch einmal 300 Mark für Vogteirechte68).Ohne sich mit Ehren bedeckt zu haben, sind die Edelherren von Blankena bald darauf aus der Geschichte abgetreten. Spuren ihrer Wirksamkeit sind kaum zurückgeblieben.

Neben den Geschlechtern des Uradels treten aber schon in der Frühzeit die Namen von Familien des niederen Dienstadels in der Überlieferung auf. Waren sie zunächst auch nur Werkzeuge in der Hand von Größeren, so waren sie diesen als Schwert- und Waffenträger doch unentbehrlich. Ob wir die Familie von Hücker, die mit Johann von Hücker in einer Herforder Heberolle des 13. Jahrhunderts erscheint, zum Dienstadel rechnen dürfen, läßt sich, wie bereits gesagt, nicht entscheiden, ebensowenig wie wir über eine ritterliche Burg in Hücker mehr als vorsichtige Vermutungen äußern können.

Dagegen treten die Herren von Aschen zahlreich und in gesicherter Überlieferung uns entgegen, wenn es auch schwierig ist, Folgen von Generationen aufzustellen oder die Wirksamkeit der einzelnen Träger dieses Namens noch zu bestimmen. Gerbracd de Ascan eröffnet 1153 die Reihe als Ministerialer des Edelherrn Wilhelm von Holte und Zeuge des Bischofs von Osnabrück69). Ebenfalls als Zeuge des Bischofs erscheint 1196 Johann de Aschen70). Es ist fraglich, ob die von Aschen schon 123171), wie Prinz72) will, zur ravensbergischen Ministerialität gehört haben. Wichmann von Aschen der Urkunde von 1231 wird in Gesellschaft von Edlen, Geistlichen und Ministerialen als Grafen von Ravensberg genannt. Unter den übrigen ministerialen Zeugen aber ist einer, Konradus Skappeschuldere, tecklenburgischer Ministerialer73). Derselbe bürgt 1231 für den Grafen von Tecklenburg74).  Gegen Ende des Jahrhunderts allerdings, um 1280, erscheinen sie als Lehnsträger der Ravensberger Grafen, jedoch nur erst mit 2 Höfen75). Die Hauptlinie ihres Geschlechtes ist offenbar in lippische Dienste übergetreten. Sie wird uns dort noch in einer wichtigen Rolle begegnen, während die Ravensberger Aschen in der Folgezeit kaum noch von sich reden machen76).

Als Lehen der Herforder  besaßen die Herren von Aschen die curia in Aschen. Allerdings gehörten die Nachrichten hierüber erst dem 14. und 15. Jahrhundert an. Daß mit der curia zu Aschen der Meierhof in Groß-Aschen gemeint sei77), ist möglich, wenn der Hof auch später dem Kloster Quernheim gehört. Die Herforder Lehen der von Aschen umfassten diesen und anderen Höfen78) zu Anfang des 15. Jahrhunderts auch zeitweise die Villikation Müdehorst und Salzhhäuser in Salzuflen79). Die Spuren des Geschlechts verlieren sich in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts80). Ob sie in Aschen einen Burgsitz oder festes Haus gehabt haben, wissen wir nicht. Jellinghaus81) glaubt ihren Sitz zwischen Groß- und Klein-Aschen suchen zu sollen, ohne diese Meinung indessen zu begründen. Vielleicht ließen sich aus den Flurnamen Anhaltspunkte gewinnen. Wenn sie überhaupt ein festes Haus gehabt haben, ist es in der Tat zuerst in der Niederung zu suchen, wo man sich durch breite Wassergräben schützen konnte; denn der Ascher Berg war nicht hoch genug, um einen natürlichen Verteidigungsschutz zu bieten.

Die gelegentlich82) ausgesprochene Vermutung, das Erbe der von Aschen sei auf die Familie von Ledebur übergegangen, ist nicht ganz von der Hand zu weisen, wenn auch genealogisch die Belege dafür noch zu erbringen sind. Die Ledeburs erscheinen zuerst als Osnabrücker Ministeriale und Stadtrichter von Osnabrück im Jahre 118683), ähnlich1195 und 121584). Der 1215 ferner genannte Thethardus Lethebur erscheint auch im Verzeichnis der ravensbergischen Lehnsträger aus Zeit um 118085). Sie haben sich in mehrere Linien gespalten und sind an fast allen weltlichen und geistlichen Höfen des östlichen Westfalens etwa seit Ende des 13. Jahrhunderts anzutreffen. Das Schwergewicht ihrer Dienstverpflichtung hat zunächst wohl beim Bischof von Osnabrück gelegen. Später dienen sie sowohl den Grafen von Ravensberg als auch den Edelherren zur Lippe. An der Gewinnung und dem Ausbau der ravensbergischen Landeshoheit im Grenzgebiet der Warmenau, im besonderen auch nach der pfandweisen Erwerbung des Engerschen Landes durch die Ravensberger, sind sie entscheidend beteiligt gewesen.

Die Landeshoheit der partikularen Mächte ist nicht einfach eine Fortsetzung, Umwandlung und Erweiterung der karolingischen Amtsgrafschaft; aber sie wurzelt immer in ihr. Die karolingischen Grafen waren nur königliche Beamte, und über ihnen stand der Herzog, der aber auch nicht Landesherr war, sondern im wesentlichen nur oberster Gerichtsherr. Die landesherrliche Gewalt lag allein beim König. Erst mit Beginn der Sachsenkriege Heinrichs IV. (1073), können wir beobachten, daß Bischöfe sowohl wie Grafen politisch selbständig handelnd auftreten und eine reale Macht hinter sich haben, die nur als Anfang eigener Hoheitsgewalt zu deuten ist.

Werfen wir nur einen kurzen Blick auf die Amtsgrafschaften der Frühzeit, um die Voraussetzungen für die spätere Entwicklung zu gewinnen. Durch die Erteilung von Immunitäten, besonders der hohen Immunität an die Bistümer, wird das anfangs geschlossene Grafschaftssystem durchlöchert, sodaß, wie Prinz (S. 90) ausführt, seit dem 11. Jahrhundert wahrscheinlich nur noch eine Grafschaft über dem ganzen Bistum Osnabrück, zu dem unsere Gemeinde gehörte, lag.

Die seit dem Jahre 980 in der Überlieferung auftauchenden Namen von Inhabern dieser Grafschaft: ein Bernhard, ein Hermann, dessen Sohn und Nachfolger Bernhard (1050) können mit einiger Wahrscheinlichkeit als Stammväter der späteren Grafen von Calvelage-Ravensberg gelten86). Ihnen wurden 1063 durch Heinrich IV. Grafschaften in Westfalen, Enger und Friesland genommen und dem Erzbischof von Bremen gegeben87). Um eben diese Zeit ist auch eine Unterbrechung des Erbgangs – die Amtsgrafschaften waren bald erblich geworden - zu beobachten. Bernhards Nachfolger Adalgar ist, wie es ausdrücklich heißt, „durch königliche Gewalt“ eingesetzt88). Nach Adalgar aber scheint die Gesamtgrafschaft in Form einer Obergrafschaft, (mit mehreren Untergrafen) wieder an die Calvelager zurückgekommen zu sein89).

Dann aber verlieren die Grafschaften als Verwaltungsbezirke der königlichen Gewalt ihre Bedeutung in ebendem Maße, wie diese selbst im Norden des Reiches unwirksam wurde. Für das 12. Jahrhundert fehlt es an Nachrichten. Es ist die Zeit der Umbildung. Die Amtsgrafen erkennen bei dem wachsenden Schwund der königlichen Gewalt die Möglichkeit der Gewinnung eigener Macht und nutzen sie aus. Der Wettlauf um die Landeshoheit beginnt. Bischöfe, Grafen und Herren sind in gleicher Weise daran beteiligt. Man muß sich allerdings hüten, hier eine einförmige und überall wiederkehrende Entwicklung zu suchen und darf nicht übersehen, daß selbst kleinere Mitglieder des Hochadels schon frühzeitig in ihrem Allochalbesitz wie in einer Art „Eigengrafschaft" Herrschaftsgewalt kraft angestammten Rechtes ausgeübt haben90).

Ob unsere Gemeinde in der vorterritorialen Zeit nur unter der von einem beamteten Grafen ausgeübten königlichen Gewalt gestanden hat oder ob etwa die Edelherren von Spenge, von Holte oder von Blankena hier bereits eigene kleinere Herrschaftsgebiete gehabt haben, wissen wir nicht. Wir müssen uns damit begnügen, die Möglichkeiten aufgezeigt und erkannt zu haben, daß sich, mindestens seit Mitte des 12. Jahrhunderts, gewisse Auflösungserscheinungen bemerkbar machen. Sie sind vielleicht stärker gewesen, als wir sie heute noch wahrnehmen können; denn anders wäre es kaum denkbar. Daß nach dem Sturz Heinrichs des Löwen im Jahre 1180 die Edelherren zur Lippe, nachdem sie sich - anders können wir es kaum sehen – der Vogtei über das Stift Enger bemächtigt hatten91),ohne nennenswerten Widerstand zu finden nach Osten bis über die Warmenau vorstoßen konnten92).

 

    45) OUB I, 400.

    46) OUB I, 403.

    47) BUB 7.

    48) Die Urkunde ist zwar offenkundig nur ein Konzept und nicht vollzogen. Die darin von der Herforder  Äbtissin gestellten Forderungen gegen die Grafen von Ravensberg sind nachweislich auch nicht  erfüllt worden; an der Richtigkeit der die Edelherren von Spenge betreffenden Nachrichten  braucht aber deshalb nicht gezweifelt zu werden.

    49) OUB I, 365.

    50) John, S.11.

    51) Meyer, A. L., Die Holter Burgen und die Holter Kirchen. In: OM 14 (1898), S. 293 ff.; Mooyer,  Dynasten von Holte. In: OM 4, (1855) S. 232 ff;  Wippermann, Bemerkungen zu den Stammtafeln  der Dynasten von Holte. In: OM 5 (1858), S. 158 ff.; Mooyer ferner in WZ lX, 324, 325.

    52) WUB IV, 1842.

    53) OUB II, 351, 362.

    54) Reismann-Grone, Geschichte der Grafen von Tecklenburg (1894), S. 82.

    55) Lamey, Cod. S. 76; Stüve. S. 172.

    56) Mooyer. Dynastien von Blankena. In: 0M V, (1858). S. 259 ff.

    57) Griese, Bünde S. 188. Die Gleichsetzung der Burg Blankena mit Wervingen-Nienburg, südwestlich  von Bünde, die Griese später (Rav. Bll. 1935, S. 5) aufgestellt hat, halte ich nicht für berechtigt,  zumal ein Volmund von Werffen schon 1264 (OM V, 316) genannt wird und das castrum Blankena,  an dessen Stelle Wervingen, wie G. glaubt, erbaut sein soll, noch 1280 (WUB VI, 1206) besteht.

    58) Um 1280, WUB VI. 1206.

    59) v. Hodenberg, Diepholzer Urkundenbuch, 4.

    60) Hoyaer Lehnsregister des 14. Jahrhunderts, v. Hodenberg, Hoyaer Urkundenbuch, 1. Abt. Heft 4,  S. VII, S. 4.

    61) Die Diepholzer und Blankenaer Edelherren waren nahe miteinander verwandt. 1374 schließen sie  einen Erbvertrag (Diepholzer Urkundenbuch 69). und 1356 taucht ein Knappe Johann von Aschen  im Gefolge der Diepholzer auf. Andererseits übt später der Erzbischof von Bremen über das  „Spenger Gut“' der Hoyaer Grafen die Lehnshoheit aus. Die in dem zitierten Hoyaer Lehnsregister  als „Spenger Vasallen“ Bezeichneten mit unseren EH v. Spenge in Verblndung zu bringen (wie  Griese, Spenge, S. 12), geht wohl nicht an, da alle diese in der entlegenen Grafschaft Hoya  ansässig sind.

    62) Geschichte der Grafschaft Tecklenburg (1894), S. 183.

    63) OUB II, 169.

    64) OUB II, 171.

    65) OM V, S. 305.

    66) Nach heutigem Geldwert bei vorsichtiger Schätzung etwa 3 Millionen DM. Für 30 Mark Silber  konnte man im 13. Jahrhundert einen mittleren Bauernhof kaufen.

    67) OUB II, 298.

    68) OUB II, 65.

    69) OUB I, 288. - Der Mitteilung von Prinz, S. 227, 229, daß die von Aschen 1153 Ministeriale der  Edlen von Blankena gewesen seien, muß ein Versehen zugrunde liegen.

    70) Ebd. 429.

    71) OUB II, 273.

    72) S. 227; dort zwei Druckfehler: statt 1230 lies 1231, statt 276 lies 273.

    73) OUB II, 322 vom Jahre 1234.

    74) OUB II, 269

    75) WUB VI, 1206.

    76) Ein Knappe Hermann von Aschen erscheint 1324 als Zeuge für Graf Otto (IV.) von Ravensberg (St.  A. Münster, Rep. 331, 1, Nr.5) - Zehnteinkünfte im Ksp. Herzlake bei Meppen trugen sie 1351 vom  Stift Osnabrück zu Lehen (OGQ V, 38).

    77) Griese, Spenge, S. 55.

    78) vgl. Darpe IV, S. 209, 225, 204.

    79) Darpe IV, S 218, 222.

    80) Nicht, wie v. d. Horst, S. 34 ff. meint, bereits mit dem Ausgang des 14. Jahrhunderts.

    81) In: BuK Kreis Herford, S. 82, nach ihm John, S. 12.

    82) v. d. Horst, 1. c.

    83) OUB I, 385; Prinz S.143.

    84) OUB I, 419, II, 61

    85) WUB VI, 1206.

    86) Prinz S. 100.

    87) Es ist daher kein Wunder, daß, während die Mehrzahl der westfälischen, d. h. westweserischen,  Grafen und Bischöfe in ausgesprochener Gegnerschaft zu Otto von Nordheim, dem Führer der  Ostfalen („Sachsen“) verharrte, die Calvelager sich der Partei der Königsgegner anschlossen.

    88) Roßberg S 8; Prinz S. 91

    89) Vgl. Roßberg S. 8/9; Prinz S. 92/93.

    90) Mittels, Der Staat des hohen Mittelalters (1948), S. 180.

    91) Einen Beweis hierfür zu erbringen wird nicht möglich sein; die geschichtliche Situation der Zelt  zwingt aber zu der Annahme, zumal wenn man in Rechnung stellt - was bisher wohl noch nicht  geschehen ist -, daß die Osnabrücker Stiftsvogtei in Händen des Grafen von Tecklenburg war.  Dieser war aber zu Heinrich dem Löwen übergetreten und somit ein Mitverbündeter des EH  Bernhard zur Lippe. Bernhard brauchte also, im Augenblick wenigstens, von Simon von  Tecklenburg, der als Vogt über die militärischen Machtmittel des Stiftes verfügte, vermutlich keine  Beeinträchtigung zu befürchten. Im übrigen verweise ich auf meine Ausführungen in der Festschrift  zur 1000-Jahrfeier der Stadt Enger S. 30/31.

    92) Noch 1411 hatten sie Grundbesitz im Kirchspiel Riemsloh verlehnt. Lipp. Reg. III, 1750.

 

 

STREIT UM DIE WARMENAU

Leider verstummen jetzt und für die Dauer von mehr als 100 Jahren fast alle Quellen, sodaß wir über diesen tief einschneidenden und entscheidenden Wendepunkt unserer engsten heimatlichen Geschichte so gut wie im Dunkeln tappen. Jellinghaus93) hat die Vermutung geäußert, daß die lippische Herrschaft sich damals tief in die Osnabrücker Diözese vorgeschoben habe. Er will nämlich bei Albert Krantz, dem Hamburger Historiker des 16. Jahrhunderts, eine Nachricht gelesen haben, nach der die Kirchspiele Neuenkirchen, Riemsloh und Hoyel 1182 von dem Lippischen Amt Enger an den Bischof von Osnabrück gelangt seien.

Außerdem hatte er gefunden, daß man in den drei genannten Kirchspielen heute noch „wie im Kreise Herford und im angrenzenden Lippischen spricht". Die letzte Beobachtung ist natürlich von Bedeutung insofern, als sie uns sehr alte, volksmäßige Zusammenhänge eröffnet und uns zeigt, wohin wir gehören. Die interessante Nachricht von 1182 aber ist für eine geschichtliche Untersuchung nicht verwertbar, weil sie weder durch eine Urkunde noch durch andere zeitnahe und glaubwürdige Quellen zu belegen ist. Es ist sogar wahrscheinlich, daß Krantz sie überhaupt nicht hat und daß Jellinghaus hier eine Unachtsamkeit unterlaufen ist94).

Selbst wenn sie bei Krantz stünde, dürften wir sie nicht ohne weiteres hinnehmen. mag sie noch so verlockend und glaubwürdig klingen, besonders im Hinblick auf den Tatbestand unmittelbar vor 1182. Gewiß wird das Eindringen des lippischen Edelherrn in den von Herrschaftsansprüchen leergewordenen Raum auf die Dauer weder den Bischof von Osnabrück noch seinen Vogt gleichgültig gelassen haben, zumal das Stift Enger einstmals der geistlichen Gewalt des Bischofs unterstanden hatte. Aber mag sie nun Wahrheit oder Fantasie96) sein, zu einer Schlußfolgerung wird sie berechtigen: sie kann nur daraus entstanden sein, daß mit der lippischen Invasion der Raum beiderseits der unteren Warmenau streitiges Gebiet wurde.

Damit sind wir an dem Kardinalproblem der Heimatgeschichte von Hücker und Aschen angelangt: dem Streit um die untere Warmenau. Wann er geschlichtet ist, ob bereits im 13. Jahrhundert oder im Jahre 1302, als die lippische Burg in Enger zerstört wurde, oder ob im Laufe des folgenden Jahrhunderts, als die Ravensberger Enger nicht wieder herausgaben, das auszumachen ist - leider - noch nicht gelungen97). Der Streit muß lange hin- und hergegangen sein und sich mehr und mehr zu einem unentwirrbaren Knäuel verӿlzt haben; denn die Lösung, die man am Ende gefunden hat, ist eine ausgesprochene Verlegenheitslösung. Man teilte, was nicht teilbar war. Das ist heute noch vor aller Augen. Die Groß-Aschener, waren sie auch gegen politische Diktate wehrlos, wollten bei ihrer Kirche in Spenge bleiben und sind es bis heute geblieben.

Das Bächlein der Warmenau kann man an den meisten Stellen auf behelfsmäßig und schnell herzustellenden Übergängen leicht überqueren. Es begrenzt nichts. Nichts hört hier auf, nichts fängt auf der anderen Seite an. Im Gegenteil! Die Groß-Ascher und die Klein-Ascher Bauern haben noch im 16. Jahrhundert ihr Vieh rechts und links des Baches weiden lassen98). Noch vor einem Menschenalter haben die Groß-Ascher ihre Toten in Spenge begraben. Nur weil die Warmenau einen Strich durch das Land zieht, einen Strich, den jeder sehen und keiner versetzen konnte wie man Grenzsteine versetzte und Grenzbäume fällte, hat man sich schließlich, des ewigen Haders müde, auf sie als Grenze geeinigt.

Diese Grenze ist ausgehandelt worden. Die Vernunft hat sie gezogen, nicht die Natur und nicht natürliche Gegebenheiten, seien sie politisch-gemeindlicher Art, seien sie Gleichheit der Sprache, volksmäßige Zusammengehörigkeit oder anderer Art99). Im Laufe der Warmenau müssen wir, wie in einem Spiegel, die Geschichte von Hücker und Aschen zu lesen versuchen, wenn Pergamente, Akten und Bücher schweigen.

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts hören wir von Spannungen zwischen Lippe und Osnabrück. Ertwin Ertmann, der Osnabrücker Chronist, behauptet, der Edelherr Simon von der Lippe habe das Stift durch Raubzüge beunruhigt, während Piderit, der lippische Chronist, in seiner redseligen Art zu erzählen weiß, Simon hätte den Ärger wegen der von den Osnabrückern 100 Jahre zuvor widerrechtlich in Besitz genommenen drei Kirchspiele Neuenkirchen, Riemsloh und Hoyel nicht vergessen können und versucht, sie wiederzugewinnen.

Beide Nachrichten klingen verdächtig nach eigener Rechtfertigung. In Wirklichkeit wird jeder die Hand ausgestreckt haben nach etwas, was ihm nicht gehörte. Der Osnabrücker Bischof, ein Bruder des Grafen von Ravensberg, brachte schließlich eine Koalition gegen den Lipper zustande. Man zerstörte seinen Burgsitz in Enger und verwies ihn in seine Schranken. In den Bedingungen der Friedensverträge100) ist von einer neuen Gebietsabgrenzung nicht die Rede.

Simon mußte Enger als militärischen Stützpunkt zwar aufgeben, verblieb im übrigen aber, vielleicht dank dem Neid seiner alliierten Gegner, in allen seinen Besitzungen. Aber die Blicke der Ravensberger, deren bedeutendster Vertreter, Graf Otto III., eben die Burg Limberg gewann und um sie herum alsbald einen Herrschaftsbereich aufrichtete und Vlotho, das dem Hause nach der unglücklichen Teilung vom Jahre 1226 entfremdet war, zurückerworben hatte, blieben fortan auf dieses Gebiet gerichtet, das sich mit der Abtei Herford zusammen wie ein Keil zwischen ihre Besitzungen am Osning und die am Wiehen- und Wesergebirge schob.

Graf Bernhard, Ottos zweiter Sohn, der nach dem frühen Tode seines Bruders zur Regierung kam101), erkennt die günstige Gelegenheit und greift zu, als ihm im Jahre 1334 die Vogtei über das Amt Hunnebrock von dem Ritter und Herforder Ministerial Heinrich Gogreve angeboten wird102); wie er auch das Gogericht Bünde, um diese Zeit zum ersten Male als Abzweig des großen Meller Gogerichts erscheint, vorübergehend in Pfandschaft gehabt hat103).

Bernhards Erbe und Nachfolger, der junge Markgraf Gerhard von Jülich, Gemahl Margaretas, der einzigen Tochter von Bernhards Bruder Otto, - Bernhard selbst blieb unverehelicht und hinterließ keine Erben -, ging auf diesem Wege weiter. Er erwarb im Jahre 1357, wie wir sahen, den tecklenburgischen Grundbesitz in der Spenger Gegend. Aber es war ihm nicht darum zu tun, ihn als Domanialbesitz, d h. als rententragendes Objekt, seinem Hausgut einzuverleiben. Er gab ihn im Gegenteil wieder als Lehen aus und bekundete damit unzweideutig, was er mit dieser Erwerbung im Sinne hatte.

Als Lehen trug dieser Besitz an Einkünften dem Lehnsherrn nur ein Geringes ein; aber er gab ihm ein anderes in die Hand. Von der Verlehnung an Ministeriale erhielt er, was er bei hörigen Bauern nicht fand: die Gewalt des Schwertes. Die aber brauchte er, wenn er herrschen und seine Herrschaft ausdehnen wollte. Den Ledeburs, die mit anderen zusammen den Verkauf vermittelt hatten, schlug damals die Stunde. Anscheinend gingen ihre Dienstverpflichtungen zwar noch in erster Linie nach Osnabrück. Sie waren Burgmänner auf der osnabrückischen Stiftsburg Grönenberg und trugen den „großen Hof“ zu Westerhausen südlich Spenge und je einen Hof in Aschen und Ahlen104) von Osnabrück zu Lehen.

Auch mit den Lippern hatten sie zu tun. Der Kölner Domherr Otto zur Lippe bestätigt dem Ritter Albert Ledebur eine Schuldverpflichtung von 40 Mark, die sein Vater gegen Alberts Vater eingegangen war105).

Ein Heinrich Ledebur wiederum erhielt von dem Edelherrn Bernhard zur Lippe im Jahre 1402 für eine Schuld von 106 Mark dessen Eigenleute und Gut zu Hücker sowie die Höfe Brüning und Riepe im Kirchspiel Spenge als Pfandbesitz106). Ein Lehnsverhältnis ist dadurch aber offenbar nicht begründet worden; denn die Ledeburs werden später unter den Teilnehmern der Raubzüge genannt, die in der Eversteinschen Fehde das Land heimsuchten107). Mit den Grafen von Ravensberg dagegen müssen sie um die Mitte des 14. Jahrhunderts ein Ministerialenverhältnis eingegangen sein. 1360 wird Heinrich Ledebur mit anderen ravensbergischen Ministerialen zusammen als Zeuge genannt108) und 1372 ist derselbe für Herzog Wilhelm tätig als Zeuge bei der Einlösung von Vlotho109). Vor allen Dingen aber ist es der große Lehnsbesitz, den wir wenig später in der Hand der Ledeburs feststellen können und der sich auf das ganze Kirchspiel Spenge verteilt, der auf ein solches Verhältnis schließen läßt.

Man wird nicht fehl gehen, wenn man die tecklenburgische Erwerbung von 1357 in diesem Besitz wiederzufinden glaubt. Der Ansetzung eines Ministerialen, d. h. einer militärischen Stoßkraft, südlich der Else lag offensichtlich ein Plan zugrunde, der sich in ausgesprochen offensiver Absicht zusammen mit den zahlreichen Ministerialen, die um die Burg Limberg angesetzt waren, gegen das Stift Osnabrücks richtete. Die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts ist für das Stift eine Zeit schwerer Bedrängnis gewesen. Eine 50jährige Fehdezeit hat das Stift damals an den Rand des Abgrundes gebracht110). Bedeutungsvoll ist für uns die Nachricht von der Verpfändung des Amtes Grönenberg durch den Bischof Melchior von Grubenhagen (1366-1376). Der Bischof verpfändete, wie Ertmann107) berichtet, den Grönenberg mit 20 Burgmännern und 16 Kirchspielen „in quibus ecclesia Osnaburgensis habet judicum sive altam jurisdictionem, hoc est merum et mixtum imperium."

Zum späteren Amt Grönenberg gehörten nur 8 Kirchspiele, und es ist nicht unbedingt gesagt, daß mit den 16 Kirchspielen ein territorialer Begriff verbunden gewesen ist. Indessen kann der Zusatz Ertmanns von der hohen Jurisdiktion nur die Schwere des mit der Verpfändung drohenden Verlustes bezeichnen wollen; denn gleich darauf spricht er von dem merum et mixtum imperium, d. h. der obersten landesherrlichen Gewalt, die man damit aus der Hand gegeben habe. Liest man die Stelle außerdem im Zusammenhang und findet wenige Zeilen vorher, daß der Bischof auch das Schloß Vörden „mit seinen Klrchspielen, Hörigen, Gerichten und allem übrigen Zubehör“ verpfändete, so drängt sich die Ansicht auf, daß es sich hier nicht um die Verpfändung eines bloßen Gerichtsbezirkes gehandelt habe.

In diesem Falle hätte man sicherlich nur von der Verpfändung „des Gerichtes“ gesprochen nach der Ausdrucksweise der Zeit. Ernst Friedrich Mooyer, der zwar Amateurhistoriker war, aber bekanntlich ein erstaunliches Fingerspitzengefühl und tiefe Einsicht besaß und dessen Schriften heute noch größte Wertschätzung genießen, hat denn auch uneingeschränkt geäußert, daß „die Bauerschaft Hücker und Aschen bei Spenge 1367 noch zum Bisthum Osnabrück gerechnet wurde112). Schwerwiegende Gründe sprechen dafür, daß er recht hat, wenn man auch einräumen muß, daß gewisse Zweifel aufkommen können. Ist Mooyers Ansicht aber die richtige, dann ist damit für die Grenzziehung entlang der Warmenau ein wichtiger terminus a quo gefunden; denn dann könnte man mit Bestimmtheit sagen, daß im Jahre 1367 die Warmenau noch nicht die Grenze gewesen wäre, sondern daß diese weiter ostwärts verlief.

Damals grenzten in unserer Gegend noch nicht Ravensberg und Osnabrück aneinander, sondern Lippe und Osnabrück. Das Dominium Enger gehörte nach wie vor zu Lippe. Es war zu der Zeit in der Hand des Kölner Domherrn Otto, eines Bruders Simons III., des regierenden Edelherrn, und aus den Akten der Zeit gewinnt man den Eindruck, als habe er es rücksichtslos ausgebeutet, erhob er doch nicht weniger als viermal im Jahre eine Bede. Ein Mitglied der Familie von Aschen, Johann von Aschen, war 1359-1369 sein Rentmeister. Unter den Kontribuenten seiner Einnahmeregister113) befindet sich auch ein Hof zu Hücker. Das Lippische Herrschaftsgebiet dürfte damals etwa bis an die Ostgrenze des heutigen Amtes Spenge und unsere Gemeinden Hücker und Aschen gegangen sein.

Von Grenzhändeln zwischen Osnabrück und Lippe hören wir in dieser Zeit wenig. Dagegen mischen sich jetzt die Ravensberger ein. „Ravensbergenses injustissime impediunt114), .entrüstet sich Ertwin Ertmann, als er die Verpfändung des Grönenberges berühren muß. In den folgenden Jahrzehnten wird Osnabrück hier an seiner Ostgrenze mehr und mehr in die Defensive und zurückgedrängt.

Daß das Kirchspiel Spenge für Osnabrück schließlich verlorengegangen ist, muß wahrscheinlich auf das Konto der Ritterschaft gesetzt werden. Die von dem Busches in Gesmold, die Vinckes, die Ledeburs, die Aspelkamps und wie sie heißen, haben damals in ständiger Fehde miteinander gelegen. Man kann heute kaum noch erkennen, um was es jeweils gegangen ist. Sicher ist, daß das Stift der leidtragende Teil war. Schon 1359 scheint man in Osnabrück sowohl wie in. Düsseldorf die Möglichkeit von Verwicklungen gesehen zu haben und schloß vorsichtigerweise Schiedsverträge ab, die im gegebenen Falle in Tätigkeit treten sollten115). Die Niederlage der Osnabrücker Mannschaft gegen die Mindener am Holzhäuser Bach im Jahre 1363 erzwang die Aufbringung hoher Lösegelder und verursachte der Stadt Osnabrück schweren wirtschaftlichen Schaden, von dem sie sich auf lange hinaus nicht erholen konnte116). Als Kaiser Karl IV. im Jahre 1371 durch Westfalen reiste, war die Lage im Stift so verwirrt, daß der Kaiser vorzog, es nicht zu berühren117).

    93) Stammesgrenzen und Volksdialekte im Fürstentum Osnabrück und in den Nachbargebieten. In: OM  29 (1904), S. 11.

    94) Vgl. meine Ausführungen hierzu in Rav. Bll. 1951, Nr. 17.

    95) Es ist ihm auch später wieder unterstellt worden, als das Erzstift Magdeburg, das Enger als  Geschenk Ottos des Großen besaß, gegen die Usurpierung der Vogtei durch die Lipper nichts  ausrichten konnte und damit praktisch seine Rechte an Enger aufgab.

    96) Einer erstaunlichen Phantasie müssen die präzisen Angaben Vormbaums in seinem längst  veralteten Büchlein „Die Grafschaft Ravensberg und die Stadt und vormalige Abtei Herford“ (1864),  S. 97 f. über den „Angergau", das Kirchspiel Spenge und Groß-Aschen entsprungen sein.  Bedauerlich ist nur, daß sie immer wieder nachgebetet werden und wörtlich abgeschrieben in neuer  Druckerschwärze erscheinen.

    97) Um alle für die Frage heranzuziehenden Urkunden und Aktenbestände der Staatsarchive Münster,  Düsseldorf, Osnabrück und Detmold durchzusehen, hätte eine weit längere Zeit für die Abfassung  dieser Festschrift zur Verfügung stehen müssen. So mußte sich der Verfasser mit den wichtigsten  und naheliegenden Studien begnügen. Noch garnicht herangezogen ist z. B. die Masse der  ungedruckten Urkunden und der älteren Akten der Abtei Herford, des Stiftes auf dem Berge bei  Herford und des Dionysiusstiftes zu Enger. lm Staatsarchiv Osnabrück liegen noch Berge von Akten  über Grenzverhandlungen des 16. Jahrhunderts, die zum Teil in das 15. Jahrhundert hinabreichen.  Von ihnen konnten nur die ältesten Stücke eingesehen werden; die jüngeren können aber auch  Nachrichten enthalten, die ältere Verhältnisse aufhellen. Für Münster und Düsseldorf gilt dasselbe.  Die Gutsarchive von Krollage (Ledebur) und Gesmold aufzusuchen ist aus zeitlichen Gründen nicht  möglich gewesen.

    98) St. A. Osnabrück, Rep. 100, Abschn. 8. Nr. 1, 6..

    99) Grenzziehungen, die wie diese unteilbare Reste gelassen haben, sind nicht häufig. An der  Ostgrenze der Grafschaft Ravensberg, zwischen Else und Wiehengebirge, soll Ähnliches noch  einmal zu beobachten sein.

    100) Lipp. Reg. II, 545, 546, 547.

    101) Über ihn vgl. Engel, Graf Bernhard von Ravensberg. Zu seinem 600. Todestag. ln: Rundschreiben  (Rav. Bll.) 1946, S. 3.

    102) Urkunde vom 22. Februar 1334, Druck bei Höfer, L. F.: Auswahl der ältesten Urkunden deutscher  Sprache im R. Archiv zu Berlin (1835), S. 268. - Der Erwerb dieser Vogtei ist allerdings nicht von  Dauer gewesen; denn 1461 wird das Amt Hunnebrock durch die Abtei Herford an Ministeriale  verlehnt (Darpe IV, S. 258), und von dem zum abteilichen Amt Hunnebrock gehörigen Hof Oberfeld  bezieht der Landesherr im Jahre 1550 (Urbar) keinerlei Einkünfte.

    103) Stüve, Gogerichte S. 133. Die Bemerkung hierzu von Jellinghaus (OM 29, S. 33, Anm. 2) ist ein  Irrtum.

    104) OGQ V, S.4. 13, 25.

    105) Lipp. Reg. II, 893, 1226a.

    106) Lipp. Reg. III, 1586.

    107) Lipp. Reg. III, 1608.

    108) St. A. Münster, Rep. 331, 1, Nr. 26.

    109) Ebdt. Nr. 37.

    110) Rothert, Osnabrück I. 205.

    111) Cronlca, S. 106.

    112) OM V, S. 128.

    113) Lipp. Landesarchiv Detmold, Alte Rechnungen E XXII, Enger 2, 3, 4, 8.

    114) „Die Ravensberger beschweren uns höchst ungerechtfertigterweise".

    115) Lacomblet III, 588.

    116) Rothert, Osnabrück I, 211 ff.

    117) Ebdt. 213.

 

 

WARMENAU GRENZE

Die erste Veranlassung zur Grenzziehung entlang der Warmenau könnte eine Fehde gewesen sein, die sich im Jahre 1404 gegen Heinrich Ledebur zusammenzog118). Stadt und Stift Osnabrück und der Edle Herr Bernhard zur Lippe schlossen am 8. Juni dieses Jahres ein Bündnis gegen Heinrich Ledebur und verschworen sich, den Wiederaufbau des „Hauses zu Aschen“ nicht zu dulden. Die Fehde ist also schon eine Zeitlang im Gange gewesen und hat die Zerstörung eines Ledeburschen Burgsitzes zu Aschen im Gefolge gehabt. Wo diese Burg bzw. dieses feste „Haus“ genau gelegen hat, wissen wir, wie schon gesagt, noch nicht.

Die Fehde ging weiter und lief schließlich in jene große Auseinandersetzung ein, die sich in demselben Jahre anspann und als „Eversteinsche Fehde“ lange lange Zeit den Lippern als böse Erinnerung verblieben ist. Als ihr Ende schon abzusehen war, mischte sich der für Paderborn erwählte, aber noch nicht bestätigte Bischof, der junge Graf Wilhelm von Ravensberg, unter fadenscheinigen Vorwänden ein und benutzte skrupellos die Gelegenheit, das ganze Amt Enger in Besitz zu nehmen. Bernhard zur Lippe und sein Vater Simon mußten es ihm bekanntlich als Pfand für nicht bezahlte Kriegsschuldforderungen überlassen119).

Da es den Ravensbergern auch bald darauf gelang, die immer noch bestehenden osnabrückischen Gerichtshoheiten zu verdrängen und die Gogerichte in Bünde und Enger mit ihren eigenen Richtern bzw. denen ihrer Ministerialen zu besetzen120), da sie es außerdem verstanden, die ihnen pfandweise ausgelieferten Vogteirechte über das gesamte Engersche Kirchengut und die zum Stift Enger gehörenden Höfe auszunutzen, haben sie mit der Pfandnahme von 1409 im Kirchspiel Spenge, wo sie - vermutlich mit der Erwerbung von 1357 - auch die Markenhoheit besaßen121), praktisch zugleich die volle Landeshoheit gewannen.

Die ersten Jahrzehnte der ravensbergischen Herrschaft bleiben allerdings noch turbulent. Der alte Heinrich Ledebur und sein Sohn, zwei ausgemachte Raufbolde wie es scheint, dachten nicht daran, Ruhe zu geben. Nach allen Seiten hin hatten sie Zank und Streit. Graf Klaus von Tecklenburg verklagte sie bei ihrem Lehnsherrn wegen Viehraub und Kirchhofsschändung122). Sie scheinen sich sogar vorübergehend mit ihrem eigenen Lehnsherrn entzweit zu haben, denn der Kölner Dompropst Gerhard von Berg123) versuchte, Stadt und Stift Osnabrück zu einem Kriegszuge gegen ihn zu bewegen, um ihm „Aschen abzugewinn".

Die Osnabrücker wollten das Unternehmen dulden, aber helfen wollten sie nicht dabei, zumal, wie sie schreiben, ihre Helfer es nicht umsonst tun würden. Das Schreiben124) hätte uns alle Fragen lösen können, wenn die Osnabrücker ein klein wenig präziser sich ausgedrückt hätten125). Wenn sie das Unternehmen dulden konnten, so doch nur, weil Aschen auf Osnabrücker Territorium lag. Wüßten wir nur, ob Groß-Aschen oder Klein-Aschen gemeint war! Haben sie Klein-Aschen gemeint, dann ist die Warmenau damals noch nicht die Grenze gewesen. Sie können aber ebenso gut Groß-Aschen gemeint haben126).

Der junge Graf Wilhelm, dessen Charakterbild die Zeitgenossen in ziemlich schwarzen Farben malen, gab damals das Paderborner Abenteuer auf und überließ das Stift gegen klingende Münze seinem Gegner, dem Kölner Erzbischof Dietrich von Moers, dessen unersättliche Machtgier sich später in der Soester Fehde und in der Münsterschen Stiftsfehde austoben sollte. Wilhelm heiratete eine Tecklenburger Grafentochter, ließ sich in Bielefeld nieder und begnügte sich fortan mit seiner Grafschaft Ravensberg. Aus dieser zweiten Hälfte seines nicht mehr sehr langen Lebens wissen wir wenig. Sie wird nicht viel ruhiger verlaufen sein als die erste.

Seine engersche Erwerbung musste ihm natürlich am Herzen liegen, und es war das Erste, daß er mit den Ledeburs Frieden machte; denn ohne die Hilfe der Ministerialen wäre das Gewonnene nicht zu halten gewesen. 1417 erlaubt er ihnen, in Bustedt ein festes Haus zu bauen unter der Bedingung, daß es ihm als Offenhaus aufgelassen werde127). So geschah es. Schon zwei Jahre später erfolgte die Auflassung. Die neue Burg, mit Toren, Pforten und Graben bewehrt, stand und wurde ihrer Bestimmung übergeben. Das, besonders das letztere, brachte die Damen der Herforder Abtei und die Bürger der Stadt Herford in Harnisch. Sie erhoben Geschrei und verklagten die Ledeburs, daß sie ihrem Stift und der Stadt Herford von Bustedt aus unablässig Schaden zufügten128).

Mathilde von Waldeck, die Äbtissin, schrieb einen bösen Brief an Graf Wilhelm, wegen des Baues von Bustedt, dessen er sich „unterwundert“ hätte. Ihr Stift würde dadurch „betimmert129), und sie bittet, sich dessen doch baldigst „to entslande". Auf eine Entgegnung Graf Wilhelms antwortet sie wiederum, sie habe nicht gewußt, daß Bustedt des Grafen Offenhaus sei, und beteuert, daß sie nicht gegen ihn konspiriere130). Da sie sich aber inzwischen auch an den Herzog gewandt hatte, schrieb der Graf seinerseits an seinen Bruder, den Herzog Adolf, was die Äbtissin und die Herforder Bürger wegen Bustedt behaupteten, wäre „loegentall". Bustedt wäre nicht auf Gut und Herrlichkeit des Stiftes", sondern „in Herrlichkeit, Herrschaft und pelen“ der Grafschaft Ravensberg erbaut131).

Die Herforder aber ließen nicht nach, schlossen mit den „von dem Busches“ auf Gesmold einen Pakt und fehdeten gegen Bustedt132). Über den Ausgang der Fehde sind wir nicht unterrichtet. Er wird dem Hornberger Schießen geglichen haben. Bustedt wurde jedenfalls nicht, wie Aschen, zerstört.

Ob aber die Ledeburs selbst schließlich ein Haar in der Suppe gefunden haben oder ob dem Herzog ihr Treiben zu bunt wurde, gegen Ende der 20er Jahre sehen wir sie jedenfalls wieder im Kirchspiel Spenge ein neues Haus bauen133). Nach einer Aktennotiz des 16. Jahrhunderts ist Bustedt134) - der Zeitpunkt ist nicht genannt - an die Nagels gegeben worden. Als Entschädigung erhielten die Ledeburs die Holzgrafschaft im Kirchspiel Spenge und den Meierhof zu Spenge, Werburg, Mühlenburg und ein weiteres Gut.

Das ganze Kirchspiel Spenge gehöre jetzt ihm, soll Hinrich Ledebur sich gerühmt haben. Das wurde dem Herzog hinterbracht. Dem Alten scheint das aber wenig ausgemacht zu haben. An dem Gerede wäre kein wahres Wort, schrieb er an seinen Herrn. Er besäße im Kirchspiel Spenge nicht mehr als sein väterliches Erbe, was er hinzugekauft und was er für Bustedt erhalten hatte. Letzteres aber hätte er erst mit 100 Gulden einlösen müssen135). „Juwe genade wille all tyd gebeden over my, Juwe arme Deyner“, schließt der alte Haudegen treuherzig und wie die Unschuld selbst.

Auch eine kleine Ritterburg bedeutete in damaliger Zeit mehr als eine bloße Zuflucht. Sie war militärischer Stützpunkt und zugleich auch Basis für militärische Unternehmungen, auch solche offensiver Art.

Auch von der kleinen Burg gingen, ähnlich wie von der großen Landesburg, Macht- und Herrschaftssphären aus. Man könnte sich daher denken, daß in dieser Zeit, in der Burgen zerstört und wiederaufgebaut wurden und neue Burgen gebaut wurden, wo bisher keine gewesen waren, die Interessenssphäre und Machtbereiche hart aufeinander stießen und sich gegenseitig beeinträchtigten, sodaß man auf klare Scheidung bedacht sein mußte. Der Begriff der Grenze als genau festgelegte Linie hatte sich längst eingebürgert. Graf Wilhelm sprach, wie wir sahen, von den „Grenzpfählen“ seines Herrschaftsgebietes.

Es wäre mithin nicht ausgeschlossen, „daß alle diese Ereignisse mit ihrem Hin und Her und dem Streit der Ministerialen untereinander“ die Landesherrschaften von Ravensberg und Osnabrück veranlaßt hätten, hier endlich einen Strich zu ziehen und Mein und Dein reinlich zu scheiden. Diese Vermutung rückt umso näher, als die Nachrichten aus der Folgezeit, soweit wir sie auf unsere Frage beziehen können, die Aufstellung eines terminus ad quem zuzulassen scheinen, d. h. eines Zeitpunktes, bis zu dem die Grenzziehung entlang der Warmenau durchgeführt sein muß.

 

    118) Lipp. Reg. III, 1612.

    119) Die Wiedereinlösung, die Lippe wiederholt angeboten hat und fordern konnte, ist von den  jeweiligen Inhabern der Grafschaft Ravensberg mit ebensoviel Geschick wie List und Tücke  hintertrieben worden.

    120) Das Gogericht Bünde, das sich nach den Ledeburschen Kornregistern über die Kirchspiele Bünde,  Kirchlengern, Hiddenhausen, Enger, Spenge und das Klosterkirchspiel Quernheim erstreckte und  schon im 14. Jahrhundert, wie wir sahen, vorübergehend in den Händen der Ravensberger war,  wird nach Stüve, Untersuchungen über die Gogerichte in Westfalen und Niedersachsen (1870), S.  133 ff. im Jahre 1443 durch den Bischof von Osnabrück an Hugo von Home versetzt. 1463 aber  mit Duldung des Bischofs von Gerd Ledebur eingelöst und gelangt auf diese Weise unter  ravensbergische Hoheit. Die Wiedereinlösung durch Osnabrück im Jahre 1550 hat nichts weiter  bewirken können, als daß das Gogericht Melle mit seinem Stuhl auf der Schiplager Heide in  Konkurrenz trat zu dem Bünder Stuhl am Namenlosen Baum bei Enger. Die bald darauf, 1583,  durchgeführte Jülichsche Gerichtsreform beseitigte den letzten Rest osnabrückischen Einflusses  ostwärts der Warmenau durch Errichtung des Gogerichtes Herford.

    121) Siehe unten S. 34.

    122) St. A. Düsseldorf, Jülich-Berg, Altes Landesarchiv I, Nr. 39, Blatt 56.

    123) Ein Bruder des Grafen Wilhelm und ehedem Propst des Stiftes Schildesche. Während der Bruder  sich im Bistum Paderborn herumschlug, verwaltete er die Grafschaft von Köln aus. Gelegentlich  läßt er sich auch „Graf von Ravensberg“ nennen. In der ravensbergischen Geschichte ist er noch so  gut wie unbekannt.

    124) St. A. Düsseldorf, Jülich-Berg I, Altes Landesarchiv Nr. 39, Blatt 42.

    125) Nicht daß man in damaliger Zeit weniger redselig in seinen schriftlichen Äußerungen gewesen wäre  als heute; aber das, was man beim Empfänger als halbwegs bekannt voraussetzte, schrieb man  nicht gern, schon um sich nicht unnötig festzulegen.

    126) Das wenige Jahre zuvor zerstörte „Haus zu Aschen“ scheint demnach doch wlederaufgebaut zu  sein, denn etwas anderes konnte der Dompropst den Ledeburs schwerlich mit Waffengewalt  „abgewinnen" wollen. Die Feststellung der genauen Lage dieses Hauses, das man als kleinen  Burgsitz ansprechen muß, wäre daher von entscheidender Bedeutung für die Klärung der Frage,  um die es hier geht.

    127) St. A. Münster, Rep. 331, 1, Nachtrag zwischen Nr. 58 und 59.

    128) Die Darstellung bei v. d. Horst (S. 28) ist lückenhaft und nicht immer zutreffend.

    129) Ein Ausdruck aus der damaligen Belagerungstechnik.

    130) St. A. Düsseldorf, Jülich-Berg, Altes Landesarchiv I, 47.

    131) Ebdt. 849.

    132) Ebdt. und BUB 628a.

    133) St. A. Düsseldorf, ebdt. 1451.

    134) St. A. Münster Msc. VII, 3101 A 2, fol. 20.

    135) St. A. Düsseldorf, ebdt. 1460 vom Jahre 1428. dem Todesjahre Graf Wilhelms. Der Graf scheint, da  Ledebur mit dem Herzog direkt verkehrt, schon tot gewesen zu sein.

 

 

BALGER BRÜCKE

Im Jahre 1434 nämlich und im Laufe des Jahrhunderts noch zweimal hören wir von Verhandlungen, Friedensschlüssen und Tagungen auf der Balger Brücke136). Hier, auf der „Badelager brucgen", wo die Straße Herford-Enger-Osnabrück die Warmenau überschreitet, schlossen Stadt und Stift Osnabrück und die Stadt Herford nach mehrjähriger Fehde am 3. März 1434 einen Waffenstillstand137), der bis Michaelis desselben Jahres dauern und von da an mit 8 Tagen kündbar sein sollte.

„Wy Johan van Depholte van godes genaden bysscop to 0senbrugge“, so lautet der Text der Urkunde, bekennet unde betuget openbar in dussen breve, dat up der Badelagher brucgen ys gedegedyncget en zunderlix ffruntschap unde gelove twysschen uns, unsser manschap, sloten, lande unde luden up eyne unde den vorsichtigen borgermester; scepenen, rad unde gantzer gemeynheit beyder stede to Hervorde up andere zijd, dat duren unde waren zal, wente uppe sunte Míchaelisdach erst tokomende unde dan vord unsser eyn dem anderen de ffruntschap achte dage vor up to secgene; bynnen dusser ffruntscop schal unsser eyn des anderen vyand nycht werden unde syne vyande vorzatliken nicht husen unde hegen dem anderen to unwillen, unde maik mach to dem anderen wancken unde wagen velich unbekümmert utgezeget borgen unde zakewolden zunder argelist. Desses to bekantnysse so hebbe wij unsse ingesegel witlik [en] hancgen heten to dussen breve. Datum anno domini millesimo quadringentesimo t[rices]imo quarto feria quarta proxima post dominicam Oculi138).

Eine zweite Urkunde desselben Inhaltes wurde an demselben Tage von Bürgermeister und Rat der Stadt Osnabrück ausgestellt. Im Jahre 1448 wurde durch den Amtmann von Iburg mit dem Drosten von Limberg und der Stadt Herford eine Zusammenkunft auf der Balger Brücke verabredet139) und 1480 trafen sich der Bischof Konrad von Osnabrück in Begleitung seines Bürgermeisters Ertwin Ertmann mit dem Edelherrn von der Lippe auf der Balger Brücke zwecks Aushandlung eines Streitgegenstandes140).

Immer sind es streitende Parteien gewesen, die sich hier getroffen haben. Die Balger Brücke, in günstiger Verkehrslage und aus allen vier Himmelsrichtungen auf Straßen zu erreichen, war so etwas wie ein neutraler Ort, wenn man die Warmenau hier als Grenze zwischen den Ländern annimmt. Im Mittelalter verhandelten streitende Parteien gern an solchen Orten, wo sie das eigene Land unmittelbar im Rücken hatten: auf Grenzbrücken, an Landwehren oder auch in Kirchen, jedenfalls immer da, wo man sich vor Überfall und Heimtücke geschützt wußte. Wir werden daher nicht fehlgehen, wenn wir annehmen, daß im Jahre 1434 die Warmenau die Grenze zwischen Osnabrück und Ravensberg bereits gebildet hat. Abgesehen davon, daß man in den Ereignissen der beiden letzten Drittel des 15. Jahrhunderts vergebens nach Anlässen sucht, die zu der Grenzziehung hätten führen können, ist das völlige Schweigen des Osnabrücker Chronisten Ertwin Ertmann über diesen Punkt besonders auffällig. Er, seit 1452 Ratsherr der Stadt Osnabrück, bald darauf vertrauter und beamteter Berater des Bischofs, seit 1470 auch Bürgermeister der Stadt, hätte eine so einschneidende Grenzberichtigung, wenn sie zu seinen Lebzeiten während seiner Amtszeit oder unter seiner Mitwirkung stattgefunden hätte, schwerlich ganz unerwähnt gelassen.

 

    136) Die gelegentlich zu hörende Meinung, daß bereits 1428 die Balger Brücke als Verhandlungsort  gedient habe, ist wohl auf eine Nachricht Stüves (Hochstift l, S. 326, Anm. 1) zurückzuführen.  Stüve selbst spricht zwar von einer Vertragsnote zwischen Osnabrück, Ravensberg und der Stadt  Herford aus dem Jahre 1426, ohne aber die Balger Brücke dabei zu nennen, und bezeichnet die  Sache selbst als wenig geklärt.

    137) Nicht einen Friedensvertrag, wie man lesen kann.

    138) Or., Perg., mit angehängtem Siegel des Ausstellers. St. A. Münster, Stadt Herford (Dep.) Nr. 109.-  Text nach freundlicher Mitteilung des St. A. Münster.

    139) Stüve, Hochstift I, S. 372.

    140) Ebdt., S. 427.

 

 

HERÜBER UND HINÜBER

Von Grenzverhandlungen um die Warmenau zwischen Osnabrück und Ravensberg hören wir auch noch im folgenden Jahrhundert, jenseits der Schwelle des Mittelalters. Aber sie begegnen im Rahmen von amtlichen Erhebungen, die regelmäßig von Zeit zu Zeit wiederholt werden und sich über die gesamte Landesgrenze erstrecken.

Papierne Schnatgänge könnte man sie nennen. Sie wurden mit einem großen Aufgebot von Zeugen „in Szene" gesetzt. Das Ergebnis waren dicke Aktenstücke, die in den Registraturen verstaubten. Die Warmenau - „Wormina" wird der Name im 16. Jahrhundert häufig geschrieben -, heißt es in solchen Zeugenvernehmungen vom Jahre 1583141), sei die Grenze „länger als Menschen gedenken". Früher sei die Aschener Landwehr „diesseits", d. h. ostwärts, der Warmenau gelegen.

Der Bach sei aber einmal durch die Landwehr gebrochen und flösse seitdem westlich der Landwehr. Daraus sind kleine Streitigkeiten entstanden, die mit viel Umstand und Ernst alle 10 bis 20 Jahre erneut ausgetragen werden. Der alte, wohl 100jährige Potthoff zu Aschen sagte aus, die Landwehr wäre von den Osnabrückern gebaut und „stehe ihnen zu". Nunmehr aber läge die Landwehr auf ravensbergischem Grunde. Die ravensbergischen Beamten hätten daher einen Schlagbaum, den die Osnabrücker aufgerichtet und mit einem Schloß versehen hätten, niedergerissen. Eines Tages hätten die Osnabrücker einen Dieb verfolgt; aber der Spitzbube sei über den Bach gesprungen und habe seinen Verfolgern „spotrlge"' Worte zugerufen.

Zwischen Klein-Aschen und der Landwehr sei früher ein besonderer Schnatgraben gewesen. Man streitet sich noch um Wiesen, um einen Streifen Gras, um die Nutzung einer alten Landwehr und dergleichen. Ernsthaft wird der Streit nur, wenn es um die Marken geht; denn die Marken waren ein Lebensnerv der damaligen bäuerlichen Wirtschaft. In diesem Punkte waren die Bauern empfindlich und äußerst auf der Hut. Fanden sie nicht die Unterstützung der Behörden, griffen sie auch zur Selbsthilfe. So wird aus dem Jahre 1574 berichtet, daß der Meyer zu Hücker mit 24 Leuten in das Nachbardorf Hoyel eingedrungen sei, das Haus des Schwarte besetzt und diesen verprügelt habe.

Der Grund sollen, wie Stüve berichtet, Markenstreitigkeiten gewesen sein, das heißt wiederum nichts anderes als ungeteilte Reste jener künstlichen Grenzziehung. 1581 wird ein Eingriff des Vogtes von Riemsloh in die Markenrechte durch den Vogt von Enger mit dem bewaffneten Bauernaufgebot abgewehrt143). Solche und ähnliche Zusammenstöße werden auch in der Folgezeit nicht aufgehört haben.

Sie sind die Nachwehen eines Dilemmas, an dessen Beseitigung herumgedoktert wurde, ohne daß es glückte, die letzten Reste zu beheben. Stehen heute an der Balger Brücke auch kein Schlagbaum mehr und kein Zollhaus, keine Zollsoldaten und kein Grenzposten und kann ein jeder frei und ungehindert herüber- und hinübergehen, ganz zugeheilt ist diese Wunde immer noch nicht, wenn sie auch nicht mehr schmerzt. Im ganzen aber ist das Problem gelöst, und damit ist die nicht unbedeutende Rolle, die die Gemeinde Hücker-Aschen im Kirchspiel Spenge und als Grenzgemeinde zwischen drei, vielleicht auch mehr Landesherrschaften im Mittelalter gespielt hat, zu Ende.

 

    141) St. A. Osnabrück Rep. 100, Abschn. 8 Nr. 1, Nr. 6.

    142) Hochstift II, 241.

    143) Ebdt.

 

 

AUSBLICKE UND AUFGABEN

Nicht zu Ende ist die Geschichte der Gemeinde. Sind auch in der Folgezeit ähnliche Schwierigkeiten nicht wieder aufgetaucht, geschehen ist immer etwas, Geschichte jeden Tag gemacht. Einzelne Ereignisse sind in der bisherigen Literatur schon behandelt, so die Besetzung des Schlagbaums an der Balger Brücke im 30jährigen Kriege mit einer Wache von 6 Personen lt. Beschluß des Landtages zu Enger vom 18. September 1622. Die hohen Kriegsschäden, die die Bauern von Hücker und Aschen im Siebenjährigen Kriege erlitten, das gefährliche Schmuggelgeschäft an der Balger Brücke vor Abschluß der Preußischen Zollunion (1851), die Überwindung der Notzeit von 1845-1847, die Beteiligung des Zimmermeisters Tiemann aus Klein-Aschen an den Unruhen in Spenge im Jahre 1848 u. a. 144).

Ereignisse allein machen indes nicht die Geschichte aus. Ein dörfliches Gemeinwesen hat z. B. so gut eine Verwaltung gehabt wie eine Stadt. Ihre Entwicklung aufzuzeigen, wenn auch nur in großen Zügen, ist ein wesentlicher, aber gewöhnlich vernachlässigter Bestandteil heimatlicher Geschichtsbetrachtung. Ebenso wichtig ist die gegen Ende des 18. Jahrhunderts überall in Angriff genommene Teilung der Marken. Sie hat, glücklicherweise dürfen wir sagen, in Hücker und Aschen das Gefüge des dörflichen Wesens nicht so völlig auf den Kopf gestellt wie anderswo; aber Veränderungen hat sie auch hier bewirkt.

Auch hier ist erst durch sie der Weg frei geworden für intensivere Bodennutzung und die dichtere Bebauung. Die Zeit der französischen Besetzung, die Bauernbefreiung und das Heraufziehen der Industrie bieten eine Fülle von bemerkenswerten und betrachtungswerten Stoffen zur heimatlichen Geschichte. Im Rahmen einer bescheidenen Festschrift alle diese Dinge ernsthaft zu behandeln, wäre nicht möglich gewesen. Wir möchten hoffen. daß die Tage geschichtlicher Rückschau und geschichtlicher Besinnung, wie die 800-Jahrfeier sie uns bietet, Veranlassung würden zu weiterem Bemühen und weiterer Beschäftigung mit der Heimat; mit ihren Menschen, ihrer Landschaft und ihrer Vergangenheit.

Pius est patriae scribere facta labor.

 

    144) Griese, Spenge, S. 25, 28, 29, 34, 35, 38; jedoch ohne Angabe der Quellen.

 

 

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen und Schriften.

BUB = Vollmer. B.: Urkundenbuch der Stadt und des Stiftes Bielefeld. 1937.

BuK = Ludorff, A.: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Herford mit geschichtlicher Einleitung von Jellinghaus (= Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen). 1908.

Culemann, Merckwürdigkeiten = Culemann, E. A. F.: Erster (Zweyter, Dritter) Theil ravensbergischer Merckwürsigkeiten. Minden 1747-1752.

Darpe IV = Darpe, F.: Einkünfte- und Lehns-Register der Fürstabtei Herford sowie Heberollen des Stifts auf dem Berge bei Herford (= Codex Traditionum Westfalicarum Bd. IV) 1892.

Erdmann Cronica = Ertwini Ertmanni Cronica sive catalogus episcoporum Osnaburgensium. Hrsg. Von H. Forst. In: Osnabrücker Geschichtsquellen Bd. 1. 1891.

Griese, Bünde = Griese, G. H.: Bünde und die Dörfer und Bauernhöfe. im Elsetal. 1933.

Griese, Meierhöfe = Griese, G.: Die Meierhöfe und ihre Entstehung. Ein Beitrag zur Siedlungsgeschichte Ravensbergs. In: 46. Jahresbericht des historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg. 1932.

Griese, Spenge = Griese, G.: Heimatgeschichte des Amtes Spenge. 1926.

v. d. Horst = v. d. Horst, K. A. Freiherr: Die Rittersitze. der Grafschaft Ravensberg und des Fürstentums Minden. 1894.

John = John. W.: Geschichte von Spenge. (Sonderdruck aus dem Führer durch die Gewerbeausstellung Spenge) o. J.

Lacomblet = Lacomblet, Th. J.: Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins. Bd. 1-4. 1840-1857.

Lamey = Lamey, A.: Diplomatische Geschichte der alten Grafen von Ravensberg. Nebst Codex diplomaticus. 1779.

Lipp. Reg. = Preuß, O. und A. Falkmann: Lippische Regesten Bd. 1-4. 1860-1868.

OGQ = Osnabrücker Geschichtsquellen. Hrsg. vom Historischen Verein zu Osnabrück. Bd. 1 uff.1891.

OM = Mitteilungen des Historischen Vereins zu Osnabrück. Jg. 1 ff. 1948 ff.

OUB = Philippi, F.: Osnabrücker Urkundenbuch. Bd. 1-4. 1892-1902.

Prinz = Prinz, J.: Das Territorium des Bistums Osnabrück. Mit 6 Karten.

(= Studien und Vorarbeiten zum Historischen Atlas Niedersachsens. 15. Heft) 1934.

Rossberg = Rossberg, A.: Die Entwicklung der Territorialherrschaft in der Grafschaft Ravensberg. Diss. Leipzig 1909.

Rothert, Osnabrück = Rothert, H.: Geschichte der Stadt Osnabrück im Mittelalter. 2 Teile. 1938.

Stüve, Hochstift = Stüve, C.: Geschichte des Hochstifts Osnabrück bis zum Jahre 1508. 3 Bände. 1853-1882.

Urbar = Urbar der Grafschaft Ravensberg vom Jahre 1550. Handschrift St. A. Münster. Fotokopte in der Städt. Heimatbücherei Bielefeld. – Druck in Vorbereitung.

WUB = Erhard, H. A.: Regesta Historiae Westfaliae. Bd. 1, 2. 1847-1851. Westfälische Urkunden-Buch. Fortsetzung von Erhards Regesta Bd. 3 ff. Bearbeitet von Roger Wilmann u. a. 1871 ff.

WZ = Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde. 1838 ff. Ab Bd. 87: Westfälische Zeitschrift. Hrsg. von dem Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens.

WUB = Erhard, H. A.: Regesta Historiae Westfaliae. Bd. 1, 2. 1847-1851. Westfälisches Urkunden-Buch. Fortsetzung von Erhards Regesta Bd. 3 uff. Bearbeitet von Roger Wilmans u. a. 1871 uff.

WZ = Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde. 1838 uff. Ab Bd. 87: Westfälische Zeitschrift. Hrsg. von dem Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens.

 

 

Hier das 2x Foto Urkunde

 

Schreiben des Herzogs Gerhard von Jülich an Johann von Varendorp, Probst zu St. Johann in Osnabrück, und Bürgermeister und Rat der Stadt Osnabrück vom 10. Juni 1443.

 

Oben: Faksimile des Originaltextes. Unten: Übertragung in heutige Schrift

 

Eirbern guten frunde uns hait vurbracht und kunt gedain der Eirbere H[err] Heynrich

Hemelrych, Kircher zo Spenge, unse Cappelaen und díener, wie he noch vurtzyden bekoirt have gehadt dat ir umb unsen willen, in ure veden, syner Kirchen güede wolden umbryden und verschonen, da ir eme gütlichen zo hedden geantwert, dem also [t]ho doin. Doch darna sy eme van uch, und ure fründen syne Cappelle zo Asschen beleigen, in unsem kirspell van Spenge vurs[chreven] aff gebrant, mit allen Cleynoede und Syrínge, nemlich Boiche, kasell, myssegewant, so wie dat dartzo gehoirde, als wir alles verstanden haven, dat umbers as wir meynen, na geleigenheiden so nyet gebürlich noch tzemelich geweist en is. Want dan der vurs[chrevene] unse Cappelaen und diener des trefflichen schaden geleden, as he sich des t[e]gain uns beclaget hait, inmaissen vurs[chreven] is. So guden frunde syn wir mit gantzem ernste van uch begerende na dem die vurs[chrevene] Kirche, van unsem vederlichen erve, und van unsen vurfaren an unse Collegien und gotzhuys zo Bylvelde, as wir venemen, komen und gegeven is, und uns zo verdadincgen, steyt, und gebürt, dat ir dat also vogen und bestellen willen, die Capelle zo Asschen vurs[chreven] wederumbe gemacht und gewyet zo werden, und unsem Cappelane und diener H[errn] Heinrich kirchern vurs[chreven] syn schade gericht und belacht, so dat he sich des nyet vurder beclagen dürffe, dat nemen wir van uch zo sunderlingem.

 

 

BETRACHTUNGEN ZUR SIEDLUNGSGESCHICHTE VON HÜCKER-ASCHEN

Von Gustav Engel

Nicht alles, was sich auf dem Boden unserer Gemeinde zugetragen hat, ist im eigensten Sinne ihre Geschichte. Wie an den Ereignissen des 30jährigen Krieges, soweit sie sich in Westfalen abgespielt haben, die Westfalen selbst als Handelnde nur zum wenigsten beteiligt gewesen sind, wie die Schlacht bei Minden im Siebenjährigen Kriege ein Stück preußischer, nicht mindischer Geschichte ist, so ist vieles von dem, was wir in der Geschichte unserer Heimatgemeinde lesen, nicht von den Dorfbewohnern selbst getragen, sondern von anderen, meist übergeordneten Mächten angestoßen und durchgeführt worden.

Immerhin ist die Gemeinde fast stets das Objekt gewesen, um das es ging. Beanspruchten alle diese Vorgänge ein Interesse, das weit über den dörflichen Rahmen hinausglng, und rechtfertigte dies ihre Behandlung auf breiterem Raum, so darf für die eigentliche Dorfgeschichte doch nicht der Grundsatz außer acht gelassen werden:

 

Dorfgeschichte ist Siedlungsgeschichte.

Der für diese Festschrift vorgesehene und natürlich beschränkte Umfang gestattet nur ein kurzes Eingehen auf das Wachsen und Werden des Siedlungsbildes unserer Gemeinde. Diese kleine Betrachtung möchte auch hier mehr sein als Anregung und Fingerzeig; eröffnet sich doch hier ein Gebiet, auf dem mit einfachen Mitteln fruchtbare Arbeit geleistet werden kann1). Die Landschaft selbst, wie sie von Natur und Mensch gestaltet ist, das Kartenbild der Gegenwart und der Vergangenheit und die schriftlichen Aufzeichnungen über Bewohner, Haus und Hof, Acker, Flur, Wald, Wiese und Mark sind Ausgangs- und Ansatzpunkt der Siedlungsgeschichte. Auf die letzteren, schriftlichen, Zeugnisse müssen wir uns hier vornehmlich beschränken.

Die Aufzeichnungen des im Jahre 1550 für die Grafschaft Ravensberg angelegten Ertragsbuches oder „Urbars"2), wie man damals sagte, geben ein erstes und sehr zuverlässiges Siedlungsbild unserer Gemeinde. Sie lassen auch frühere Zustände erkennen und bieten gewöhnlich die Möglichkeit, eine Vorstellung von dem Siedlungsbild der Ortschaft etwa am Ausgang der Sachsenzeit zu gewinnen.

1550 besteht die „Burschafft Aschen und Hücker“, wie heute noch, aus 3 selbständigen Siedlungsteilen: die Dörfer Hücker und Aschen und die zweifellos jüngere Kleinsiedlung „Am Kreuz“ (Straßenkreuz Enger/Melle und Spenge/Klein-Aschen). Die beiden Dörfer waren ehedem vermutlich noch geschlossener als heute, wenigstens läßt es sich für Hücker aus älteren Kartenbildern nachweisen3). Bei Neubauten von Hofstätten, die nach Bränden oder aus anderen Ursachen notwendig wurden, sind die Hofgebäude gern ein wenig über den Dorfrand hinausgeschoben, um eine Auflockerung zu erreichen.

Je 7 alte Höfe bilden die beiden Dörfer. Es sind in Hücker Meyer-Jacob - später Meyer zu Hücker genannt und als Sattelmeierhof bezeichnet - und die „Erben“ Waltmann, Bruyninck; Riepe, Oldemeier, Nieber(g) und Kaes, in Aschen: die als „Vollspänner" bezeichneten Höfe Riepe und Kindermann und die „Erben“ Overfelt, Brand, Meier (später Meier-Otte genannt), Hempelmann und Brinckmann. Dieser Bestand dürfte damals schon 500 bis 800 Jahre alt gewesen sein, wenn er auch durch den Wechsel der grundherrschaftlichen und vogteilichen Verhältnisse einige Störungen erlitten haben mag. Im Mittelalter werden einige Hofnamen genannt, die sich nicht ohne weiteres mit den Namen von 1550 identifizieren lassen.

Die Siedlung „Am Kreuz“ bestand im Jahre 1550 aus den 4 Kotten Tonius vor den Creutz, Bernd vur dem Creutz, Thonius Wechter vor den Creutz, Johan uf dem Kamp alias Catharina vur dem Creutz und dem Hause des Untervogtes, Hermann vur den Creutz, des Amtsgehilfen des Spenger Kirchspielvogtes. Über die Qualität der Kotten ist nichts gesagt. Offenbar sind es Markkotten gewesen, denn die Gegend um das Straßenkreuz, die „Kreuzer Heide“, gehörte, wie wir sehen werden, zur gemeinen Mark.

Ausnahmslos Markkotten waren wohl auch 8 weitere Kotten.

4 von ihnen, Potthast, Pollmann, Munstermann und Deppeke up den Tyge alias Renebrug, lagen in Aschen. Die übrigen 4 sind Stam, Schluiter, Schroder und Hempelmann. Letzterer trägt als einziger die Bezeichnung „Markkötter". Da es sich bei allen aber um kleine Anwesen handelt, werden wir sie nicht als „Erbkötter" ansprechen dürfen, sondern Sie der jüngeren, im 15. und 16. Jahrhundert angesetzten Siedlungsgeschichte der Markkötter zurechnen, zumal sie fast alle in der Hörigkeit der Ledeburs stehen, die die Holzgrafschaft im Kirchspiel Spenge innehatten und allein über die Vergabe von Markengründen zu Siedlungszwecken bestimmten. Sie werden natürlich die Söhne ihrer eigenen Bauern bevorzugt haben4). Die Kotten sind, soweit sie die Zeit überdauert haben, heute fast alle zu stattlichen Besitzungen herangewachsen.

Zu diesen 27 rein bäuerlichen Haus- und Hofstätten - auch der Untervogt muß seinen Lebensunterhalt aus einer kleinen Landwirtschaft gewinnen - kam als 28. der Müller Johann Ravedieck in Klein-Aschen. Heuerlinge nennt das Urbar für Hücker-Aschen nicht. Sie sind um diese Zeit überhaupt noch selten. Rechnet man5) für die damalige Zeit auf ein Haus 7,5 Bewohner oder etwas mehr, so ergäbe sich eine Einwohnerzahl von 210 bis 250 Köpfen für die ganze Gemeinde.

Die Äcker der Bauern lagen damals im Gemenge. Bei der Bezeichnung der Fluren kehren daher vielfach dieselben Namen wieder. Da die Fluren heute im allgemeinen noch die alten Namen tragen, ist es nicht schwer, ein Kartenbild der damals beackerten Flur herzustellen6). Es würde sich daraus ein Flur- und Landschaftsbild ergeben, wie es Riepenhausen skizziert hat7). Zwei große, in sich geschlossene Eschfluren trugen das Ackerland. Die eine, größere, auf der Bodenwelle zwischen den beiden Dörfern, die zweite ostwärts Hücker. Alles übrige mit Ausnahme von 2 kleineren Eschen am Nordostrand von Hücker und südwestlich Aschen waren Wald und Heide, Bruch und Moor.

Aus der Zeit um die Wende des 17. Jahrhunderts, also 1½ Jahrhundert später, liegen wiederum schriftliche Quellen vor: der Brandenburgische Kataster von 16868) und die Prästationsregister von 17219). Beide enthalten reiches und verläßliches, weil amtliches, Material für unsere Zwecke. Schon ein Ӿüchtiger Einblick läßt erkennen, daß sich das Siedlungsbild in der Zwischenzeit nur geringfügig verändert hat. Der Bestand der alten Höfe ist vollzählig geblieben. Der 30jährige Krieg hat hierzulande nicht die verheerende Wirkung gehabt, die man gewöhnlich in seinem Gefolge sieht. Es haben sich im Gegenteil die Hausstätten von 23 auf 37 vermehrt.

Nicht weniger als 17 neue Namen von Köttern und „Neubauern" erscheinen; in Hücker: Redeker und Vahlen, in Aschen: Menke und Heinrich Vogt, am Kreuz: Lammerts, Otto beym Sieck und Johann im Holtz. Die übrigen 10: Holtkamp, Henrich unter den Bäumen, Brinckmann, Knigge, Metting, Neuhaus, Schmidt, Johann Vogt, Hermann ufm Thie und der Müller Kiel verteilen sich wohl auf die beiden Dörfer. Da mehrere von den Kötternamen von 1550, besonders von denen am Kreuz, 1686 nicht wiederkehren, auch einige der 1686 genannten 1721 nicht wiedererscheinen, müssen eine Reihe von Kotten mit neuen Familien besetzt worden sein. Heuerlinge werden auch jetzt noch nicht genannt. Die Gesamteinwohnerzahl ist für diese Zeit mithin auf etwa 300 Köpfe zu veranschlagen.

Die Entwicklung wäre vielleicht in ähnlichen, ruhigen Bahnen weitergelaufen, wenn nicht, wie überall, die schnellwachsende Zahl der Menschen und die völlig unzureichend genutzten großen Flächen der Almenden deren Aufteilung, wie sie hier und da, schon in Angriff genommen war, gefordert hätten. Friedrich der Große erließ am 4. Mai 1771 für Minden, Ravensberg, Tecklenburg und Lippe eine entsprechende Verordnung.

Die Teilung der Marken veränderte nicht nur mit einem Schlage das Bild der Landschaft, dadurch daß umfangreiche Rodungen einsetzten, neue Zäune und Hecken gezogen wurden usw., sie ließ auch die Zahl der Neubauten stark, in einigen Gegenden sogar sprunghaft anschwellen, besonders seitdem mit der Bauernbefreiung der Bauer über seinen Grund und Boden selbst verfügen konnte. In unserer Gemeinde hat sich die Entwicklung glücklicherweise nicht überstürzt, und es hat vor allen Dingen nicht jenes wilde und wahllose Bauen eingesetzt, das weite Stücke unseres schönen Ravensberger Landes verschandelt.

Während man anderenorts, z. B. in Herford und Bielefeld, die befohlene Aufteilung hinausschob und sie am liebsten ganz verhindert hätte, zögerte die Gemeinde Hücker-Aschen nicht mit der Durchführung. Bereits aus dem Jahre 1785 liegt der fertige Teilungsrezeß vor10).

Zu den 37 Hausstätten von 1721 waren in den 60 Jahren nur 3 hinzugekommen: ein Kötter, das Schulhaus und ein Haus für die Hebamme. Hinzugekommen sind jetzt ferner aber die Heuerlinge. Ihre Zahl wird nicht genannt. Es scheinen auch keine neue Hausstätten für sie errichtet zu sein. Sie werden, wie anderswo, in den Leibzuchten, Backhäusern und zum Wohnen eingerichteten Scheunen der Höfe fürs erste gewohnt haben.

Die zu teilenden Flächen, also die ehemals gemeine Mark, sind: das „Hücker" und das „Ascher Bruch“, die „Masch", die „Wellheide“, das „Störtel“, die „Kreuzer Heide“, das „Südholz", die „große“ und die „kleine Eule", insgesamt 1089 Morgen 119 Ruthen.

Da die Teilung nachdem „Kontributionsfuß", d. h. nach der steuerlichen Leistung des einzelnen vorgenommen wurde, fiel der weitaus größte Teil den 14 Altbauern zu. Sie erhielten jeder einen Zuwachs von rund 40 Morgen. Die Kötter, die jetzt, im Gegensatz zu früher, als an der Mark berechtigt angesehen wurden, erhielten jeder im Durchschnitt 5 Morgen.

Der Rezeß, ein für die Geschichte von Hücker-Aschen wertvollstes Aktenstück, ist von 36 Teilungsberechtigten, darunter auch einem Vertreter des Gutes Werburg, unterschrieben. Schwere Bauernfäuste, denen der Pflug vertrauter war als die Feder, haben diese Namen geschrieben. Die nicht schreiben konnten, haben 3 Kreuzchen gemacht.

Riepe zu Hücker hat nur „mit Vorbehalt“ seiner zwischen Waltmann und ihm „obwaltenden und ans Amt verwiesenen Wegezwistigkeiten" unterzeichnet. Für jeden einzelnen sind genau die Stücke verzeichnet, die er bekommt. Eine Fülle von Flurnamen begegnet hier. Sie werden sich unschwer lokalisieren lassen, besonders, wenn man die Urkatasterkarten von 1825 zur Hilfe nimmt. Auch sämtliche Wege werden beschrieben, die Hauptwege sowohl wie die Nebenwege. Auffällig ist. daß im Hücker Bruch wohl von Moor- und Torfstich und einem Kanal die Rede ist, aber niemals von einem Teich oder gar einem See, der sich heute dort befindet. Er war damals offenbar noch nicht vorhanden und dürfte sich erst mit dem stärkeren und tieferen Abstich des Torfes gebildet haben. Die Le Coq'sche Karte vom Jahre 1805 verzeichnet das „Hücker Moor“ als Teich ebenfalls noch nicht.

Eine der am stärksten in die Augen fallende Folgeerscheinung der Markenteilung in Hücker-Aschen ist das unverhältnismäßig schnelle Anwachsen der Einwohnerzahl in den Jahrzehnten bis 1840. Nur 6 neue Hausstätten sind zwischen 1785 und 1840 entstanden; die Einwohnerzahl aber hat sich, wenn man sie um 1785 einschließlich der nicht aufgeführten Heuerlinge mit rund 400 annimmt, in derselben Zeit mehr als verdoppelt. Eine von dem damaligen „Verwaltungsbeamten" Seippel sehr sorgfältig aufgenommene, namentliche Einwohnerliste von Hücker-Aschen vom 26. Dezember 184011) verzeichnet 1018 Namen. Die Zuname muß, soweit sie nicht durch den allgemeinen Bevölkerungsanwachs bedingt gewesen ist, zum Teil auf den größeren Bedarf an landwirtschaftlichen Arbeitskräften zurückzuführen sein, den die Bauern für die Bewirtschaftung ihrer über Nacht größer gewordenen landwirtschaftlichen Betriebe hatten.

Tatsächlich stellen die Heuerlinge mit ihren Familien jetzt ein großes Kontingent der gesamten Einwohnerschaft. Sie wohnen zumeist auf den Höfen ihrer Arbeitgeber. Mit dem Aufeinanderwohnen scheint es damals genau so schlimm gewesen zu sein wie heute. 213 Familien bzw. selbständige Haushaltungen von durchschnittlich 5 Köpfen mußten sich auf 46 Hausnummern verteilen. Selbst wenn auf die Hausnummer eines größeren Hofes mehrere Gebäude gerechnet werden müssen, dürfte es immer noch eng genug gewesen sein. Die Einwohnerzahl Hücker-Aschens ist, wenn man den unnormalen Zuwachs durch Flüchtlinge und Vertriebene außer Betracht läßt, seit dieser Zeit nicht mehr gestiegen. In der Folgezeit wird sie im Gegenteil rückläufig. Das ist gewiß darauf zurückzuführen, daß die Bauern mit der fortschreitenden Mechanisierung ihrer Betriebe weniger Arbeitskräfte benötigten als vorher und daß andererseits industrielle Niederlassungen nur in geringem Umfange in die Gemeinde gedrungen sind.

Die hier angezogenen schriftlichen Quellen, ergänzt durch vermutlich ähnliche Aufzeichnungen im Gutsarchiv zu Krollage und vermehrt durch aktenmäßige Unterlagen etwa aus der Zeit um 1900 und 1950, müßten es ermöglichen, in etwa 6 Kartenbildern das Siedlungsbild von Hücker-Aschen darzustellen für das Jahr 1550, für die Zeit um 1700, für die Jahre 1785 und 1840, schließlich für die Zeit um 1900 und für die Gegenwart.

Karten dieser Art können in jeder Schule erstellt werden. Dergleichen Arbeiten, von verständigen Lehrern geleitet, können die Jugend anregen und begeistern. Hof- und Besitzkarten nach dem Schluckebierschen Verfahren und endlich je eine Karte der Kulturlandschaft vor und nach der Markenteilung würden den heimatgeschichtlichen Kartenfundus aufs beste ergänzen. Es ist ein ernstes Anliegen, wenn wir wünschen, daß er nirgends fehlen möchte. Jede Arbeit an der Heimat senkt eine Wurzel in den Boden und bindet den Menschen an die Heimat.

 

 

 

W E G E B A U

Nachdem der Kreis die Kreisstraße von Hücker-Kreuz über Hücker-Aschen nach Ahle in der Mitte des vorigen Jahrhunderts straßenmäßig ausgebaut hat, mußte auch die Gemeinde daran denken, die unbefestigten Wege auszubauen und zu besteinen. Zunächst war es notwendig, der Ortschaft Hücker eine straßenmäßige Verbindung zu geben. Der bisherige Weg war unbefestigt. Um ihn bei schlechtem Wetter benutzen zu können, war es erforderlich, Reisigbündel einzubauen. In den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde dann mit dem Ausbau der Landstraße über den Gehlenbrink und Hücker nach Werfen begonnen. Alle Anlieger gaben den hierfür erforderlichen Grund und Boden unentgeltlich ab. Die Besteinung der übrigen Straßen, insbesondere der Straße durch den Echternort, erfolgte erst später.

Als im Jahre 1931 durch den damaligen Heilkundigen Becker das Kurhaus Hücker -Moor errichtet wurde, bestand auch hier das Bedürfnis, die Straße von der jetzigen Gastwirtschaft Grote bis zum Kurhaus straßenmäßig auszubauen. Der Erbauer des Kurhauses, Becker, mußte dies allerdings an den Baumeister Heinrich Kreft in Spenge verkaufen, der es wiederum an den Heilkundigen Küper veräußerte.

Küper baute es als Erholungsheim aus. Zu diesem Zweck war es jetzt dringend erforderlich, daß die Straße befestigt wurde. Küper zahlte hierzu einen erheblichen Zuschuß, so daß die Straße im Jahre 1932 ausgebaut werden konnte.

 

 

DIE WELTKRIEGE 1914/1918 UND 1939/1945

Die Wunden des Weltkrieges 1914/1918 waren kaum geheilt, als im Jahre 1939 der zweite Weltkrieg entbrannte. Der letzte Weltkrieg hat auch die Bevölkerung von Hücker-Aschen sehr stark mitgenommen.

88 Männer in den besten Jahren und 1 junges Mädel sind nicht zurückgekehrt. Von 42 liegt die endgültige Nachricht vor, daß sie gefallen sind. Die übrigen 46 Männer sind im Osten vermißt. Mit den Angehörigen hoffen wir, daß der eine oder andere doch noch in seine Heimat Hücker-Aschen zurückkehrt.

Als im Frühjahr 1945 die deutsche Wehrmacht aufgelöst wurde und die Feinde Deutschland besetzten, wurde auch Hücker-Aschen nicht verschont. Am 6.4.1945 wurde das Kurhaus Hücker-Moor, die Gastwirtschaft Grote, die neue Schule, das Haus Biermann und das Pfarrhaus von amerikanischen Truppen besetzt. Von dieser Truppe wurden zunächst fast in allen Häusern Radioapparate, Motorräder und auch Kraftwagen beschlagnahmt. Die Truppe hielt sich etwa 3 Wochen dort auf. Später wurde nur noch das Kurhaus von der Besatzungsmacht in Anspruch genommen, das aber nach einem Jahr auch frei gegeben wurde.

 

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Eduard Kleinewächter mit Gespann und Ackerwagen (auf dem Wagen: Anneliese und Gerhard Kleinewächter).
Foto: PRIVAT 1951

 

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Lohnunternehmer Wilhelm Wortmann mit Lanz-Bulldog und Dreschmaschine im Festzug zur 800-Jahr-Feier (auf der Dreschmaschine Heinz Böckmann).
Foto: PRIVAT 1951

 

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Milch macht müde Menschen munter.

 

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Der Kohlenklau - Das unbekannte Wesen.

 

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Die Feuerwehr.

 

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Dieckmann backt “keine kleinen Brötchen)

 

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Dieckmann backt “keine kleinen Brötchen”.

 

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Motor- und Windkraft: Die Zukunft beginnt!

 

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wird noch ergänzt...

 

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